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würde. Außerordentliches ist letztlich die uralte Gottesordnung, welche durch besondere Erscheinungen zur Geltung gebracht und zur Erstehung gezwungen wird. Zudem hat die Innere Mission in der ihr eigenen Kraft, dem Wort, dem sie sich verdankt, zu willen zu sein und durch das Wort und für dasselbe zu wirken, das treffliche Korrektiv gegen alle Anforderungen, die zu erfüllen in ihrem Wesen nicht begründet ist. Am Wort, nicht nach seiner litteralen Bedeutung mit ihrer Lokalfarbe und zeitlichen Begrenzung, sondern nach den ihm immanenten Geist, nach seiner dadurch erwirkten, über Zeit, Raum und Umstände hinausgehenden Allgemeingiltigkeit hat die Mission auch das Kriterium für alle Tageserscheinungen. Was an und aus ihnen nicht wider das Wort ist, nimmt sie im heiligen Eklektizismus in ihre Arbeit herein und verwertet es in seligem Optimismus einer alles hoffenden Liebe. Was aber wider das Wort geht, dessen entschlägt sie sich, und wenn es hochkirchliches Gepräge trüge.

 Zudem hat die Kraft des Wortes, dem und mit dem sie dient, die Wirkung, daß ihm verborgene Nöte sich entdecken, wie dem Magnet alles Eisen, dem Hochgebirge alle Gewitter sich zuwenden. Als vor dreißig Jahren Spurgeon mit der Wortverkündigung durch Londons Straßen zog, hat er mit an der Aufdeckung der furchtbaren Zustände im outkast of London beigetragen. Das lichtscheue Treiben, die schreckhafte Armutei, der aller Kultur hohnsprechende Pauperismus traten zu Tage. Und das Wort Gottes fand Öl und Wein des Samariters für eiternde Wunden und zehrende Geschwüre. Denn das Wort, das den Grund der Herzen bewegt, macht, daß Leib und Seele in dem lebendigen Gott sich freuen.

 Durch das Wort getrieben und erleuchtet, gekräftigt und geheiligt entfaltet die Innere Mission diese allumfassende Heilkraft, wenn sie in die Krippen die armen, hilflosen, schlechtgehaltenen und arg verwahrlosten Kinder sammelt, denen die Taufgnade Anrecht an Liebe erwirkt und zusichert, aber auch in lichten Räumen, in freundlichem Wort und reinem Glück nahe gebracht werden soll. Wer weiß, wie Eindrücke aus frühester Kindheit durch das spätere Leben fortwirken, dankt für alle Verschönung eines sonst freudlosen Lebens. Daß in den Kinderschulen den jugendlichen Gemütern Christus gezeigt und die Unmittelbarkeit und Kinderreife der biblischen Geschichte in den ursprünglichen

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Grund, Kraft und Ziel der Inneren Mission. Buchhandlung der Diakonissenanstalt Neuendettelsau, Neuendettelsau ca. 1914, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Grund,_Kraft_und_Ziel_der_Inneren_Mission.pdf/18&oldid=- (Version vom 24.10.2016)