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geschenkt, den der sel. Kögel so gerne für Ordinationen verwertete (aus dem Liede: Was kann ich dir, du lieber Mann?)

Herr, gib, was du befohlen hast,
Daß deine Diener haben sollen,
Wenn sie dir würdig dienen wollen:
Ein Joch, das unsrem Halse paßt,
Geduld und Unerschrockenheit,
Das Ruh’n und Tun in gleichem Grade,
Die Beugung vor der höchsten Gnade,
Und dein Verdienst zum Ehrenkleid,
Ein innerlich begnügtes Herz,
Ein Herz, verneut in deinem Blute,
Das Nötigste vom Heldenmute,
Beim Lieben einen mäß’gen Schmerz,
Ein Auge, rein und sonnenklar,
Ein offnes Ohr für alle Schäden,
Geweihte Lippen, recht zu reden –
Gemeinschaft mit der obern Schar!

 So oft dieser Vers mir vorkommt, finde ich in ihm die Kraft der Inneren Mission aufs deutlichste ausgedrückt. Da, quod iubes et iube, quidquid vis. Ganz im Dienste des größten aller Knechte, sein Vorbild im Herzen und sein Abbild auf dem freudigen Antlitz geht die Tochter der freien Gnade, zugleich ihre Predigerin, nicht im glorrreichen Gewande eines höheren ordo, noch mit der Zierde heroischer Tugend und über das Durchschnittsmaß der Sittlichkeitsbetätigung in christlichem Heldentume weit hinausragender Größe, sondern im mühseligen und groben Gewande der armen Magd, mit dem schlichten Berufsbewußtsein allgemeinen Christenstands durch die Welt. Ihr Joch ist sanft und ihre Last ist leicht, wenn sie auf den sieht, der beides ihr auferlegte, schwer und hart, wenn sie ihr Können und Vermögen erweist, Sie ist an die Not des Lebens, an das Elend der Welt gewiesen, hinausverstoßen in ein weites wüstes uferloses Meer von Schuld und Sünde, ohne daß ein Stern ihr leuchtete und eine Hand ihr sich darböte. Sie darf nicht beschönigen und entschuldigen, sie will nicht das Leid durch seine Leugnung heben und nicht der Antike gleich den Schmerz milde und schonend vorüberführen, muß vielmehr zeigen, wie wenig ästhetisch Tod und Sterben ist, aber sie faßt ihre Seele in Geduld über alle verzweifelt bösen Schäden und wappnet sie mit Unerschrockenheit der Wahrheit gegen alle Verführer, Zerstörer und Schänder der Volksehre und Räuber des Volkswohls. Sie hat den Mut der Wahrheit: Es ist nicht recht und es ist ein schändliches Ding, und will lieber unterliegen, als daß sie süß sauer und Schande Schwäche nennen möchte. Die Kraft ist nicht Vielgeschäftigkeit – die alles könnende und wissende und vermögende Innere Mission ist Diesseitigkeitskunst und nicht Ewigkeitsgabe, sondern in silentio et spe fortitudo. In der stillen Sammlung von Wissen

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Grund, Kraft und Ziel der Inneren Mission. Buchhandlung der Diakonissenanstalt Neuendettelsau, Neuendettelsau ca. 1914, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Grund,_Kraft_und_Ziel_der_Inneren_Mission.pdf/20&oldid=- (Version vom 24.10.2016)