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sein Beichtvater hat ihm aus diesem Gottesstaat einen Auszug gemacht. In ihm weist Augustin nach, wie alle großen Gedanken Gottes schließlich einen wunder baren Komplex von Ordnungen und von Gesetzen er geben, wie die Tugenden der Heiden glänzende Laster sind, und nur in Christo ein wirkliches Gedankengefüge und ein wirkliches Gedankengebilde, Leben, Ordnung und Reichtum entstehe, und entkräftet so den Vorwurf, daß Christentum Barbarei sei. Luther läßt alle Geister reden, denn Christus heiligt sie. Er rühmt von der Weisheit Gottes, sie sei strahlenförmig, buntfarbig, reich, vielgestaltig, gehe durch alle Äonen, durch alle Völker, durch alle Zeiten, und in der fernsten Ferne sei sie auch noch. Wenn Luther unter seinen Füßen den Grund der Gnade hat und auf diesem Grunde steht, dann ist er ein Herr über alle Kreaturen, dann geht durch sein Leben der heilige Trotz. Ich meine, kein Zug macht uns Luther so deutlich als der Trotz dessen, den Christus zu seinem Eigentum erwählt und erkoren hatte. „Sie mögen mich einen Teufel schelten; ich bin bei den Engeln Gottes wohl bekannt. Gott nennt mich seinen lieben Knecht, die Engel nennen mich ihren lieben Gesellen, die Gläubigen nennen mich ihren treuen Vater, die Verzagten ihren günstigen Tröster, was soll das Urteil der Welt, wenn ein solches Urteil zu mir steht?“

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 In der Gewißheit, daß dem befreiten Christenmenschen kein Phantom der Hölle etwas abbrechen könne, liegt er mit der Finsternis, mit allen Gespenstern der Hölle, mit allen Schreckgestalten und Rotten einer ausbündischen Phantasie, mit allen dämonischen Zauberkünsten zu Felde. „Ich Doktor Martinus Luther, im Himmel und in der Hölle wohlbekannt, ich habe es geschworen,

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Luther und Augustin. Verlag der Buchhandlung der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1912, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Luther_und_Augustin.pdf/16&oldid=- (Version vom 9.10.2016)