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Beredsamkeit eines Dominikus, von dem Ernst eines Simon Stock; sie haben niemanden zu nennen, der eigentlich ihnen das Ordensgewand bereitet und die Ordensregel aufgestellt hätte. So waren sie eigentlich auch nicht in der Kirche von hoher Bedeutung. Staupitz sagt einmal Ende des 15. Jahrhunderts: Wenn man nicht mit Pferden pflügen könne, so müsse man Ochsen nehmen, und er habe im Augustinerorden gar oft Pferde gesucht und nicht einmal die andern Zugtiere gefunden. So war eigentlich die Frage sehr berechtigt: Warum hat Luther die Augustiner gewählt? Wenn wir in die jetzige Kirchengeschichte hineinschauen, müssen wir sagen: Welch unbedeutende Art haben die Augustiner in dem klosterreichen und klosterfrohen Bayern! Nur noch 4 Klöster, in Münnerstadt, Würzburg, Fährbrück bei Arnstein und Germersheim mit wenigen Mönchen besiedelt hat der Orden jetzt. Warum hat Luther diesen Orden erwählt? Merkwürdigerweise findet man nirgends eine Aufzeichnung, wie überhaupt Luther über die innersten Vorgänge seines Lebens auffällig karg ist. Das ist eine Eigenart bei ihm, daß er gern bei anmutigen Erzählungen verweilt, mit lieblichen Schilderungen diese Erzählungen ausstattet, von Land und Leuten, was ihm eben auffällt, berichtet, daß er die größten und zentralsten Wahrheiten wie in spielendem Gewande der Seele vorführt, aber in das Adytum, in das eigentlich innerste Heiligtum seines Werdens, in das Geheimnis seines Entwicklungsganges läßt er nur mit scheuer Zagheit Einblick tun. Es ist immer die Angst, daß er mehr sagen könnte, denn ihm gebührt zu sagen, und mehr von sich halten lehrte, als er verdient. Wie gern greift er immer wieder auf den Ton zurück, der sein letztes Bekenntnis durchzittert: „Wir

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Luther und Augustin. Verlag der Buchhandlung der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1912, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Luther_und_Augustin.pdf/6&oldid=- (Version vom 2.10.2016)