Seite:Hermann von Bezzel - Predigt am Jubiläum des Evangelischen Arbeitervereins Nürnberg.pdf/9

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beschlossen, und wenn die letzte Stunde vom Turm schlägt, sei auch die letzte Stunde des Lebens zerronnen. Ist es so? Habt ihr nicht vorhin bekannt: „Ich glaube ein ewiges Leben“? Hat ein neidischer Gott euch gar mit Hoffnungen und Aussichten angetan und das Dasein mit Erwartungen geschmückt, daß am Ende sie alle euch äffen? Seid ihr dazu rein menschlicher Sehnsucht entnommen, mit sicherem Auge und mit wachem Blick ausgestattet, daß am Ende eine Larve vor euch trete und spreche: Narren! Das Hoffen ist Zeichen der Schwäche! – das sei ferne! „Will Gewebe falscher List mir dein Bild verdunkeln, wollst du selber, wie du bist, mir ins Herze funkeln.“ Wiederum: „Ewigkeit, in die Zeit leuchte groß herein, daß uns werde klein das Kleine, und das Große groß erscheine, teure Ewigkeit!“ – Sag’ an, wenn dir die Aussicht auf die Heimat verdeckt ist, wo deine Väter, deine Gründer, deine Freunde, deine Heroen weilen, was hast du noch? Was ist die Geschichte ohne Ewigkeit? Sammlung von Momenten! Was ist Erinnerung ohne Fortleben? Selbsttäuschung! Gott sei gebeten über uns, daß die verdunkelnden Mächte des Argen uns nicht antasten und endlich – die vereinzelnde Macht uns nicht schade.

 Wenn ein evangelischer Arbeiterverein sich auflösen will, muß er nur dem Geist der Zwietracht in seinen Reihen Eingang verschaffen, den Geist der Gegensätzlichkeit innerlich hegen.

 Zwar Gegensätze müssen sein, Streit muß gekämpft werden. Gott erhalte darum den evangelischen Arbeiterverein in Widersprüchen seitens der Menschen und der Arbeiterschaft! Er gebe allerlei Fragen und Sorgen, er mache es ihm nicht leicht! Aber die vereinsamende und vereinzelnde Zwietracht tue er fern von euch! – Er wird es tun! Denn der in uns ist, der Mann von Nazareth, der große Arbeiter auf Golgatha, der gekrönte König, Hirte und Bischof seiner Gemeinde, ist größer, denn der in der Welt ist. Er bittet um wahre Einheit, die dasselbe meint und auf allerlei Wegen erstrebt. Er hat die Gemeinde nicht aufs Vergehen, sondern aufs Bleiben u. den Baum der Kirche auf Blüte u. Reife, nicht aufs Welken des Herbstes angelegt. Er wird es tun. Alle Gottesgedanken ringen nach Gestaltung und von der Gestaltung zur Ausführung und von der Ausführung zur Vollendung. So spricht er heute: „Siehe, ich mache alles neu“ und viele tausend Stimmen jauchzen ihm zu: „Ja, es ist geschehen.“ „Siehe, ich will dich behüten, wo du hingehst“ tröstet er in göttlicher Vollmacht den evangelischen Arbeiterverein; das Wort löst er ein unter der einen Bedingung, daß wir seine Jünger bleiben. –

 Ja das wollen und das können wir! Das wollen wir! – 50 Jahre Geschichte, was sage ich: Zweitausendjährige Geschichte der Vermählung von Arbeit und Evangelium, von