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 Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, die Liebe Gottes, die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit eurem Geiste und mit meinem Geiste. Amen.

 Vernehmt zwei Worte der heiligen Schrift aus dem 8. Kapitel des Lucasevangeliums und dem 5. Kapitel des Jakobusbriefes. „Es ging ein Säemann aus, zu säen seinen Samen!“ „Elia war ein Mensch gleich wie wir und er betete.“

 Das sind die beiden neutestamentlichen Worte, deren Betrachtung der Herr an uns segnen wolle. Amen.

 In dem Herrn Geliebte. Nicht ohne Absicht ist es geschehen, daß der Prediger des heutigen Tages, der sonst von der Ordnung der allsonntäglichen Texte nicht abweicht, einen anderen Text erwählt hat. Es ist ja für die Heiliggeistgemeinde Nürnberg ein Festtag angebrochen, indem ihr Gotteshaus, verneut und verschönt, wieder zu fleißigem Gebrauch und Besuch erschlossen ist. Wenn wir die Berichte unserer Väter vor jetzt achtzig Jahren und wiederum vor fünfzig Jahren durchlesen, welch eine Klage! Einmal über das überladene, zum andern über das allzu kahle Gotteshaus. So ist es in der Geschichte der Kirche: was die eine Zeit verwirft, lobt die andere und was eine Zeit lobt, wird wiederum im Laufe der Jahre vergessen. Nun aber ist diese Kirche in geweihter Einfachheit und feiner Schlichtheit wieder erstanden. So hoffe ich, daß noch spätere Geschlechter an ihr sich erbauen und die edle Einfalt als ihren besten Schmuck preisen werden.

 Wiederum zwei Texte hat der Prediger ganz gegen die, Ordnung genommen, weil zwei besonders bedeutsame Stücke heute zum erstenmal dem kirchlichen Gebrauch unterstehen, der Schmuck des Altars und die Kanzel, auf der ich jetzt das Wort Gottes verkünden darf. Und endlich, die Wahl der Texte geschah um deswillen, weil die Kanzel das Bild des guten Säemanns trägt, der von dieser Stätte aus sein Wort in die Gemeinde senken und ihr gönnen will, und weil euer Altar im Hintergrund das Leben des alttestamentlichen Propheten Elia aufweist.

 Aber all das, meine Geliebten, ist eine ob auch noch so willkommene Äußerlichkeit. Die Kirche des Evangeliums hält nicht groß von Weihen und Festen und Feierlichkeiten – ihr ist jeder Sonntag ein Festtag geweiht durch die Gnadengegenwart ihres Herrn und Heilandes und jeder Alltag ein Feiertag, weil und insofern ins Getriebe der Arbeitswoche die große feiernde Gemeinschaft mit dem erhöhten Heiland hinüber- und hineinreicht. So will ich heute auch Altbekanntes, wahrhaft Gewisses der Gemeinde

Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Predigt am Sonntag Exaudi 1912. Verlag der Buchhandlung des Vereins für innere Mission, Nürnberg 1912, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Predigt_am_Sonntag_Exaudi_1912.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)