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um sie zu bestehen und in Sorge geraten, um sie zu überwinden. Angesichts der Zeugenwolke laßt uns Zeugen sein von der Vergangenheit an die Gegenwart und aus ihr für die Zukunft und in dem großen Zusammenhang bleiben, der durch die Jahrhunderte das Kreuz Jesu Christi umgibt, eins im Preise des Einen Lebens, in Mannigfaltigkeit von Sprache und Weise, im Wandel der Dinge den Unwandelbaren erfassend und behaltend, weil er von ihm ergriffen ist – Leib und Haupt vereint.

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 2. Pflege der Geschichte ist ja nicht tatenlose Ruhe auf fremdem Erwerb und behaglicher Genuß des beschiedenen Erbes. Herübernahme der Glaubensarbeit als eines unbesehenen und ungeöffneten Vermächtnisses ist unevangelisch. Wer zu den Zeugen sich gesellen will, muß ihres Geistes Hauch nicht nur verspüren, sondern von ihrem Geist sich beherrschen lassen und in die Geistesarbeit eintreten. Zum geschichtlichen Gedächtnis tritt die willentliche Nachfolge. So mahnt unser Text zur Echtheit. Laßt uns ablegen „die Sünde, die uns immer anklebt“. Der griechische Text redet von aufblähendem Schein. Das Amtsbewußtsein bei uns Geistlichen vergißt, zuvor sich zu predigen und macht so verwerflich. Der sel. Dann in Stuttgart, der Dichter des Liedes: „Gekreuzigter, zu Deinen Füßen“ warnt einmal vor der „verdammten Korrektheit“. Man wacht nicht genug über sich, wie sollte man der Herde gedenken, man sonnt sich im eigenen Glanze, wie sollte man die Schatten gewahren? Die bitteren Erfahrungen in den Gemeinden sind Anklagen gegen uns Hüter. Die sogenannte Bekenntnistreue hat viel sanftlebendes Fleisch genährt. Aber „unser Amt ist ein anderes Ding geworden“, ruft Luther. Laßt uns alle falsche Gläubigkeit, der die wahre Selbstzucht gebricht, alle Sattheit und Fertigkeit, alles Übergeistliche ablegen, das schlimmer ist als das Ungeistliche und vor die Gemeinde als die Männer der heilsamen Strenge gegen das Scheinwesen auftreten. Lieber fünf Worte aus heiliger Selbstbesinnung als zehntausend Worte mit Zungen (1. Kor.14, 19). Unecht ist die äußere Kirchlichkeit der Gemeinden, da die Kirchen gefüllt und die Herzen leer, das Wort fromm und der Wandel unheilig ist, das Herr Herrsagen hurtig und häufig geschieht und des Fleisches Wille ihn verleugnet. Wir unterschätzen die kirchliche Gewöhnung nicht, sie kann erziehen und will erhalten, aber sie ist nur Vorwerk, nicht die eigentliche Festung, sie ist Form des Lebens, nicht dieses selbst. In den kommenden Tagen, da der Herr richtend und sichtend durch die Kirche schreitet, werden Erste Letzte sein und aus mancher unkirchlichen Gemeinde