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 Vor einigen Tagen führte mich mein Beruf nach Erlangen. Was mir an Zeit übrig geblieben war, verwandte ich zu einem Besuch der Gräber meiner teuern Lehrer, aus deren Schriften und mündlicher Unterweisung ich mein Bestes empfangen habe. „Selig, die da ruhen“, hat Luther an den Gräbern zu Worms gesagt, da er der kommenden Ängsten und Wirren gedachte. „Die Gerechten werden weggerafft vor dem Unglück.“

 Da liegt unser fränkischer Landsmann, Christian Konrad von Hofmann, dessen Todestag der 20. Dezember ist, unter dem Schatten des Wortes aus dem vierundachtzigsten Psalm: „Gott, der Herr, ist Sonne und Schild“. Unweit von ihm schläft der teure Gottfried Thomasius, der Pfarrerssohn von Egenhausen, der das Wiedererwachen unserer Landeskirche zu gesundem, weil bekenntnismäßigem Leben geschildert hat. Über dem Geheimnis seiner Arbeit, Phil. 2, 5 ff, hat ihn der Herr abgerufen. Und neben ihm der fleißige und sorgsame Heinrich Schmid aus Harburg im Ries, dessen Bücher die Liebe zur Kirche schlicht und gewissenhaft verkünden. Sein großer Schwiegersohn, Reinhold Franz von Frank, hat seine Ruhestätte mit dem Psalmwort schmücken heißen, das seiner Lehre und seinem Leben Kraft, Würde und Stärke gab: „Bei dir ist die lebendige Quelle. Und in deinem Lichte sehen wir das Licht“, Ps. 36, 10. Als ich den Gottesacker verließ, warf ich noch einen Blick auf die Gräber derer von Raumer, des großen Naturforschers und Erziehers Karl von Raumer, seiner Söhne Rudolf und Hans, die zu Ehren der Kirche und des deutschen Volkes gelehrt und gezeugt und ihre Schätze in Gotteswort und Gottestat gehoben haben. Wie eine trübe, bange Weissagung steht, halb verwittert, auf dem Grabmal das Abschiedswort des Herrn: „Und dieweil die Ungerechtigkeit wird überhand nehmen, wird die Liebe in vielen erkalten“, Matth. 24, 12.

 Dieses Wort kann ich mir nicht aus dem Sinn schlagen, so oft ich der Bewegung gedenke, die unser Altmühltal und

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Hermann von Bezzel: Warum bleiben wir bei unserer Kirche?. Buchhandlung der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1906, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Warum_bleiben_wir_bei_unserer_Kirche.pdf/3&oldid=- (Version vom 10.9.2016)