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gefallen und zerquetscht wie in einer Mausefalle.“ Brief vom 10. Febr. 1546) und mit Ernst gestraft. „Lehrst du also den Katechismum und den Glauben? Bete du und laß Gott sorgen.“ Er hat ihre Sparsamkeit wohl gewürdigt, wenn er sie auch nicht teilen konnte und zuletzt den reichen Gott ihr vermacht und sie ihm. Zwei Christenmenschen, von Gott zusammengefügt, haben einander erzogen und geübt, getragen und gelitten, sind gemeinsam am Sarge eines geliebten Kindes gestanden, das „heilige selige Gesellen, ihm zu großem und einzigem Trost“ abgefordert haben, haben das Weh mit dem unfertigen, heimwehkranken, ältesten Sohne erduldet, über den der Vater wohl zürnen konnte, „lieber einen toten als einen ungeratenen Sohn“. Durch das Haus ging nicht wie ein finsteres Gespenst, wohl aber als rechter, starker Hausgeist Zucht und Sitte. Der in der Jugend hart gestäupte Mann hieß neben der Rute den Apfel liegen und die Liebe aller Weisheit Quell sein. Wohl von ihm stammt das (später von Joh. Gigas weiter gegebene) Wort, die erste Konjugation beginne mit amo, ich liebe, erst bei der zweiten setze das moneo, die Ermahnung, ein und vollends die Strafe komme erst der letzten 4. Konjugation und ihrem punio zu. Nun ist der Vater geschäftig, daß die alten Klosterräume, die jetzt fröhliches Kinderspiel belebt, heimisch werden. Am Fensterbrett blüht die geliebte Reseda und zum Fenster grüßt der Kirschbaum mit seinen Blüten herein, im Garten singen die Vögel, die Sorglosigkeit lehren und ihren höhnisch-gemütlichen Klagebrief gegen Wolf Sieberger vorbringen, den alten vertrauten Diener des Hauses. Wenn Essenszeit kommt, soll Einfachheit die Speisen würzen – Bratäpfel und ein Hering haben dem Manne ernster Arbeit oft genügt – aber am festlichen Tage darf der Vogel St. Martins sich einstellen sei’s auch nur, damit der ungeratene Sohn des um einen Beruf für ihn verlegenen Vaters die Haut von der Bratgans abziehe und – den Befähigungsnachweis für das Gerbergewerbe erbringe. Wenn aber gute Freunde und Gäste, der „Bruder Studium“ sich einstellen, dann soll Freude mit guten frommen Leuten und ein Stübchen Bier oder Wein nicht fehlen, ohne daß Luther „einer der stärksten Esser und Trinker seiner Zeit“ gewesen wäre, wie es Janssen ihm bezeugt. Da hören die Kinder Märlein und Schwänke alten Sang und Sage, und bald wendet das Gespräch sich auf die höchsten und heiligen Dinge, ohne daß Feierlichkeit die rechte Freude störte. Die Tischreden werden zum Schatz der Kirche. An dem Abend aber greift der Vater fröhlich in die Claves und singt drein, daß die bösen