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den Kanzler (29. Juni 1534) „werden bei mir sein, wie die meinigen. Ihr seid ja nicht mein falscher Freund, so will ich ja auch nicht falsch gegen euch und die Euren allen werden, so lange mir Gott den Odem läßt.“ Und dem also Gestärkten gibt er den großen Trost aus Röm. 14, 8. „Domini sumus“, ja wohl im Genitiv und Nominativ, des Herrn, weil wir sein Haus, ja seine Glieder sind und Herren sind wir, weil wir über alles herrschen durch den Glauben, der unser Sieg ist.[.]. Den Studierenden der Theologie, Hieronymus Weller, den Lehrer seines Hänschen tröstet er in seiner Schwermut, er solle Sorgengedanken nicht anblicken, nicht in ihnen grübeln noch sie verfolgen, sondern sie verachten wie das Schnarren einer Gans, die bösen Gedanken, die ihm einfallen wieder ausfallen lassen (eine Lieblingswendung!), den Vögeln der Sorge nicht Nester in die Haare zu setzen verstatten, sondern den Herrn Jesus zum Beistand nehmen, den tapferen Streiter und unüberwundenen Sieger. (19. Juni, 10. Aug. 1536.) Ob er an Brück, den kursächsischen Kanzler den herrlichen Freundesbrief schreibt, von den zwei Wundern des feststehenden Himmels und des stützenden tragenden Regenbogens oder an Brenz, den Pfarrherrn von Schwäbisch-Hall, wie man Sorgen bannen soll, ob er Freund Zink in Nürnberg wegen des Verlustes eines trefflichen Sohnes tröstet (23. April 1532), der „ihm ein sehr lieber Knabe gewesen, weil er fein still, züchtig und im Studium sonderlich fleißig war und den Diskant viele Abende sang“ – immer bleibt er der selbstlose, sich und sein Leid vergessende, nur für die andern bedachte Freund. Ich schließe mit dem Hinweis auf einen Brief in seinen letzten Jahren (25. Dezbr. 1542), in dem er Justus Jonas wegen des Hinscheidens seiner Gattin tröstet „der in Wahrheit geliebten Seele, weil sie alle unsere Erlebnisse, gute wie schlimme, ganz als ihre eigenen aufnahm und trug“. Es ist das Wesen der Freundschaft, daß sie glaubt und trägt, hofft und duldet, das vielleicht Getane ebenso wenig nachrechnet als das Erlittene und im Vertrauen nicht wankt. Napoleon I. hat einmal das ihm unfaßliche und unübersetzbare Wort „Gemuet“ mit l’esprit allemand gedeutet. Deutscher wie christlich-evangelischer Geist hat Luthers Haus so weit wie sein Herz erschlossen; sein Gemüt hat Freundschaft gebraucht und darum geleistet. Bloßes Geben des einen Teils erdrückt, die zumutende und empfangende Liebe gleicht wieder aus. Wie gerne hat Luther sich dienen lassen im Kleinen und Großen! Seine Naivität im Bitten blieb die gleiche und seine Willigkeit anzunehmen,