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Goethe hat über sein Haus einmal die Ueberschrift gesetzt:

Warum stehen sie davor? Ist nicht Türe da noch Tor?
Kämen sie getrost herein, würden wol empfangen sein.

 Das zu schreiben hat Luther nicht not gehabt. Wo Treue baut, öffnet die Liebe Türen und Fenster. So ist das erste Gottesstift von Luther nicht erbaut noch verändert, sondern wieder verneut worden, daß es heimisch, traut und wohnlich ward.

 So hat er, der Priester und Professor, die Türe des evangelischen Pfarrhauses aufgetan, aus der wahrlich nicht so viel Segensströme entsprungen wären, wenn es mit der Sünde des Eidbruchs und der Treulosigkeit erbaut worden wäre. Ich übergehe, was jede Statistik erweist, daß eine große bedeutende Zahl tüchtiger, arbeitskräftiger, bahnbrechender Männer aus den bescheidenen Räumen des Pfarrhauses hervorgegangen ist. Vielmehr betone ich: die stille Predigt der Genügsamkeit in ihm, die doch nicht ärmlich im Haben noch kärglich im Geben ist, die Freude am Kleinen in Wald und Flur, in Welt und Kirche, der heilige Humor weisen darauf hin, welch verborgene Kräfte in der würdevollen Beschränkung des Pfarrhauses, in seiner schlichten Gastlichkeit und all umfassenden Liebe liegen. Ich möchte den kennen, der einmal in ein echtes Pfarrhaus Einblick getan und nicht Heimweh nach ihm empfunden hat, die Lebenserinnerungen lesen – man braucht nicht nur an Kügelgen, Kerner oder Kußmaul noch an Hippels Lebensläufe zu denken –, deren Verfasser des Jugendglückes vergäße, wenn es ihm in einem Pfarrhause und in dem ländlichen Stilleben erblühte! Dabei ist das Pfarrhaus nicht verbauert noch verflacht. Die edle Hausmusik, der fromme Hausbrauch, die Pflege feiner Liebhabereien hat es weltoffen, freudig, zuchtvoll auf Luthers Wegen erhalten. Gott lasse die Edelsteine der Treue, der Dankbarkeit, der Beschaulichkeit und Friedenskraft dem Pfarrhause nie mangeln, das nicht am Markte liegen, sondern abseits vom Getriebe in Ihm eine stille Zuflucht des Trostes, der Fürbitte und des Rates bieten will.

 „Und die Schule hat er uns erbaut.“ Wie oft ist dieses Wort der Juden über den heidnischen Hauptmann (Luc. 7, 5) auf Luther angewendet worden! Nicht als ob er erst die Schule ins Leben gerufen hätte, erzählt er doch mit Dank von seinen Lehrern, den Nullbrüdern in Magdeburg und Melanchthon weiß von dem alten Magister Trebonius gar Liebliches zu berichten. Aber die Volksschule, die christliche Volksschule als Fortsetzung