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Die Anhänglichkeit an das Vaterland ist dem Manne, der doch so gerne des jüngsten Tages gedacht und die Herberge nicht ungerne verlassen wollte – „wir wollten gerne los sein und heim fahren, wenn’s Gott will. Amen. Amen. Amen“ –, doch ein süßes Ding und eine angeborene Pflicht. Wie rühmt er sein deutsches Vaterland und dessen Sprache, in deren Schätze er mit wachsender Lust sich vertieft, wie tritt in der Erinnerung späterer Tage Welschland, und seine Schönheit hinter deutschem Wald und Berg und Tal zurück. Nürnberg, „Auge und Ohr Deutschlands“, Augsburg und seine freundlichen Straßen und Häuser, selbst Wittenbergs Sand und Heide, ein „rechtes Schindleich“ verklären sich ihm in der Heimatsliebe. Eben aber weil er sein Vaterland liebt mit echtem und heiligem Ernste, schreibt er an Hartmut von Kronberg (1522): „Gott ist mein Zeuge, daß ich in meinem Herzen eine Angst und Sorge habe, wo der jüngste Tag nicht das Spiel unternimmt, wird Gott sein Wort aufheben und der deutschen Nation solch eine Blindheit senden und sie also verstocken, da mir greulich ist, dran zu denken“. Er kennt den Teufel jeglicher Nation, sein Volk soll am Saufteufel zu Grunde gehen. „Faule Hände müssen ein böses Jahr haben“, wenn sie den fahrenden Regen der Gottesgnade nicht einbringen. Patriotismus ist nicht Chauvinismus, nicht Verliebtheit in das Volk und seine Herrlichkeit, sondern Gebet und Arbeit, Sorge und Achtsamkeit für das Volk. Darum war auch die letzte Tat des scheidenden Reformators eine patriotische für seine lieben Landesherrn, die Mansfelder Grafen, deren „Schlegelgesellen und Bergwerksleute“ Jakob Reinicke) ihm liebe Genossen gewesen waren. Zum Tode krank und müde hat er „das stachlichte Schwein“ der Händel und Zänkereien zwischen den Grafen abgetan und darf sich freuen, daß die jungen Herrlein und Fräulein bereits gemeinsam Schlitten fahren, und „man greifen darf, wie Gott Gebete erhört.“ Dann kehrt er heim, um zu sterben.

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 Heimatliebe und Heimatstreue, Scheu vor Gottesgnadentum und durch Gott Gewordenem heißt ihn die Ordnungen wohl wahrnehmen, treu auch im Kleinen sein, die Unterschiede der Stände achten, verbietet ihm, in Karlstadt-Münzer’scher Schwärmerei alles zu nivellieren. Der „Nachbar Andres“, der das Predigergewand abtut und im Bauernkittel aufs Feld geht, um so sozial zu wirken, ist ihm Gegenstand mitleidigen Spottes: „Glaube an den Herrn Jesum Christum und tue die Werke deines Berufs.“ Andererseits weist er Meister Peter