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in tausend Stücke zerbrach, haben nicht nur Katholiken das mißbilligt. Lutherische Reformation läßt in dem Frieden des Gotteshauses alles, was nicht wider Gottes Wort läuft und lautet. Nur den mittelalterlichen Lettner, der Priestertum und Laiengebet scheidet, hat sie ausgetan, um des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen willen, doch die „Ordnung eingerichtet und aufgestellt, daß niemand ohne rechte Berufung lehre, den Pfarrherrn mit rechter Ehre ausgerüstet und in sonderliche Würden gesetzt.“ (Vgl. Luthers Lob eines rechten Pfarrherrn, der die Hölle leert und den Himmel füllt).

 So bleiben auch die Bilder der Heiligen, daß man an ihnen seinen Glauben stärke und ihr Exempel sich dienen lasse, und mit Fug werden die Bilder St. Christophori „erneut“, des „heiligen Christoffel, obgleich nie je ein Mann gewesen ist, der also geheißen oder leiblich das getan hat, was man von ihm sagt, sondern der dieselbe Legende oder Fabel gemacht hat, ist ohne Zweifel ein feiner, vernünftiger Mann gewesen, der dem Volke vorgemalt hat, wie christliches Leben gericht und geschickt sein soll.“ Und wenn das Sakramentshäuschen als himmelanstrebender Dank, der aus den Steinen quillt, wenn das ewige Licht – ich erinnere an die alte v. Tucher’sche Stiftung in St. Lorenz zu Nürnberg – als Mahnung an Joh. 8, 12 und 12, 35 gefaßt werden will, warum sollten sie an heiliger Stätte nicht bleiben dürfen? Christ, unser Meister heiligt die Geister: die Reformation schlägt die Kunst nicht nieder, so wenig Rauchs betender Moses in der Friedenskirche zu Sanssouci und Rietschels Pieta, die Reliefs und Apostelgestalten und der ladende Christus in der Frauenkirche zu Kopenhagen den reformatorischen Geist verleugnen. Gerade ein Vergleich zwischen dem Friedensengel Tenerelli’s über den Gräbern Friedrich Wilhelms IV. und der Königin Elisabeth mit Rauchs Moses ist lehrreich. Hat die Reformation nicht die Machtgestalt Pauli geschaffen, „nicht die dürres und mageres Leibes, so eine kleine, geringe Person“ – und gegenüber der leichtfertigen Doré’schen Kunst die heilig ernsten, herben und doch trauten Gestalten der Schnorr’schen Bilderbibel?

 Und wenn jemand die Einfachheit des Kultus und der gottesdienstlichen Feier beanstanden wollte, denke er daran, daß die oft ändernde und helfende Zeit an Nebensächlichem nur sich versucht hat. Wollten wir die Pracht der gottesdienstlichen Gewänder wieder zurückführen, wie sie Schweden in seinem Meßkleid jetzt noch hat, und