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Bach’s, das: „Nun laßt uns den Leib begraben“ – im deutschen Requien – Totenklage und Auferstehungspreis: „Gott, ich will dir ein feines Lied singen, ich will’s wohl machen auf der Harfe mit Schalle.“

 Wenn aber der Choral ehrfürchtig schweigt, tut die Kirche Luthers das Bibelbuch auf, dessen Verdeutschung dreizehn Jahre seines teueren Lebens gefordert hat. Wie baut er den Heiligen Alten Bundes, daß man ihnen durch den Psalter ins Herz sehe (Vorw. zum Psalter), den lieben Propheten allen eine Hütte auf deutscher Erde, die hehrste aber und herrlichste ihrem und seinem Herrn! (Matth. 17, 4.) Und zum Dank heben sie an, deutsch zu denken, deutsch zu reden. In seiner Schrift vom Dolmetschen hat es uns Luther an etlichen Beispielen verraten, wie er die liebe Biblia in deutsche Klänge goß. „Du liebe (Kecharitoméne Luk. 1, 28) Maria“ – voll der Gnaden, sei undeutsch du „Holdselige“, reich an Huld(sal: in Salbuch, das Verzeichnis der Landgüter), gnadenreich. – Das Bauerndeutsch, die Volkssprache, der Ton, der vom Herzen her das Herz trifft, das Sprichwort, die bräuchliche Redensart, der Feierklang, der Betspruch, der Kindervers – sie alle müssen beitragen, damit aus den ewigen Hütten unsre Sprache ertöne.

Und Worte, aller Müden Labe,
Die fern des Heilands Lippe sprach,
Die sprach der blonde deutsche Knabe
Im Schoße seiner Mutter nach –

singt Felix Dahn im Lobe der deutschen Sprache. Andere stammelten, er redete, sprach beherrschend, sprach verneuend, ein König der Worte, karg, knapp, kurz, dann wieder überströmend, auch in den – nach weislichen – Fehlern der Uebersetzung inspiriert, wie Löhe einmal sagt. So hat er uns die Bibel in die Hand, ans Herz gelegt. Sie ist von Gottes Herzen gegangen, hat Luther das Herz gewonnen und gerührt. Und so oft wir sie aufschlagen und von ihrem Wohllaut der Sprache so wenig uns trennen können als von dem heiligen und seligen Gottesgeiste in ihr, danken wir dem Vater aller Geister für diese Großtat Martin Luthers, der uns das Herz weich und die Sprache so froh gemacht hat. Man nehme aus dem Sprachgut der Deutschen den Bibelschatz, aus seiner Redeweise das Luthersalz – und man müßte das bekannte Urteil des Abenteurers in Lessings Minna von Barnhelm über sie fällen! „Luther, deutscher Sprachverbesserer“ heißt es, wenig deutsch, im Katalog der Walhalla, in die er spät genug seinen Einzug gehalten hat. Nein, Neuschöpfer der deutschen Sprache. Pectus facit