Seite:Hermann von Bezzel - Was unser Herr Präsident am Feste der Reformation seiner Kirche zu sagen hat.pdf/6

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 I. halte im Gedächtnis Jesum Christum, so mahnt die apostolische Weisheit zur Gewinnung wahrer Lebensweisheit. Ein Entdecker ohne Gleichen und Maßen hat Er die Heimat, die so ferne im Nebel der Sünde und in der Nacht des Unglaubens entrückt war, den Trost der Tränen, die selige Antwort auf unzählige Fragen, das Glück des Habens aus der Welt des Suchens wieder entdeckt. Vom Vater ausgegangen, hat Er die Fremde gewählt, um sie ihrer Fremdlingschaft zu entkleiden und der Zeit den Wert der Ewigkeit eingestiftet, weil Er ihre Ewigkeitsflucht am Kreuze gebüßt hatte. Und als Erfinder hat Er in Gottes Kraft (Ebr. 9, 12) eine ewige Erlösung erfunden. Den Weg hat Er in Selbstverleugnung gebrochen und die Bahn der Freiheit, aus der Er Mühselige und Beladene, Sorgenvolle und Freudenlose, zweifelnde und im Irrtum Erschlaffte zu Sich nahm, klärlich gezeigt: der königliche Weg des Kreuzes ist nicht Selbstbehauptung, sondern Selbstverleugnung, nicht Weltseligkeit, sondern Weltüberwindung, nicht Ichliebe, sondern Hingabe des Ich an andere.

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 Jesu nach wandeln die großen Führer, Apostel und Väter, Kirchenlehrer und Seelsorger, Hirten und Haushalter über Gottes Geheimnisse. Ob ein Paulus den Herrn vor Augen malt oder ein Jakobus den König der Herrlichkeit preist, ob die alten Bekenner Kranz und Glanz des Sieges feiern: dem Mann von Damaskus am nächsten mit dem Rufe im Herzen: „Was willst Du, daß ich tun soll?“ steht der Mann von Wittenberg, der Beter auf der Wartburg und Bekenner zu Worms. Haben sie zu seinen Tagen Länder entdeckt und Sonnen und Sterne wiedergefunden, Gesetze ihres Weges und Wandels aufgezeigt und Erden und Sonnen in rechte Beziehung zu einander gesetzt, größer als Kopernikus hat er die wahre Sonne dem Auge nahe gebracht, „die Sonne, die mir lachet, ist mein Herr Jesus Christ.“ In ewig gewaltiger Majestät bringt sie wahres Licht des Glaubens, Licht, Leben, Lust und Wonne, also daß alle Sterne ihr das Licht verdanken und alle Welten um sie hingezogen kreisen, jeder Strahl nach ihr heimbegehrt, jede Kraft von ihr zu ihr eilt, Großes, Reiches, Reines ihr sein alles dankt. Und mächtiger als Kolumbus, der ferne Welten erschloß, hat Luther die Heimat mit ihren vielen Wohnungen, Genüge jeder Individualität, Trost jeder Seele eröffnet und aufgetan. Wo Vergebung der Sünde ist, da ist Heimat; wo der Tränen Trauer schwindet, da ist Leben und Seligkeit. Die Burg der Väter, im Glanz der Verheißung erstrahlend, die sichere feste Heimstätte mit Wohnlichkeit und Wohligkeit hat er gezeigt. Sie haben zu seinen Zeiten die Kunst entdeckt und erfunden, daß eherne Lettern ihren Mund auftaten und stumme düstere Zeichen lichten Frühling verkündeten: Der Engel Gottes mit dem ewigen Evangelium ist Johann