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unansehnlichen, im Innern musterhaft ausgestatteten Rokokobau, der 1758 (im Todesjahre der Markgräfin Wilhelmine, der geistreichen Schwester Friedrichs des Gr. und Freundin Voltaires, der Verfasserin der boshaften Memoiren) an Stelle des durch Unachtsamkeit beim Lesen 1752 abgebrannten Schlosses von Markgraf Friedrich, dem Gründer der Universität Erlangen († 1763) erbaut und am ersten Ostertage von dem Generalsuperintendenten Ellrodt eingeweiht ward, der dabei mitteilen konnte, es habe sich in der abgebrannten Schloßkapelle eine verkohlte Bibel gefunden, in der allein die Stelle 1. Mos. 28, 22 noch zu lesen war: „Dieser Stein, den ich ausgerichtet habe zu einem Male, soll ein Gotteshaus werden.“ Die erste Sitzung war mit der Verpflichtung der Abgeordneten ausgefüllt, das Wohl der Landeskirche auf Grund des bestehenden Bekenntnisses zu fördern. Der Kommissar hatte zuvor des Ablebens des unserer Landeskirche so geneigt gewesenen Regenten Luitpold, der beiden bedeutsamen Gesetze der Kirchensteuer (1908) und der Kirchengemeindeordnung (1912) gedacht, der Dirigent in einer programmatischen Ansprache an die heimgegangenen Mitglieder des Kirchenregimentes und der Fakultät (D. von Kelber, D. Ewald) und die inzwischen verstorbenen geistlichen und weltlichen Mitglieder der letzten Generalsynode zu Ansbach erinnert, an die Dekane Kübel, Seeberger, Langheinrich, Prinzing, Kern, Nagel, deren Namen zum Teil über Bayerns Grenzen hinaus etwas bedeuten. Die gemeinsame Arbeit begrüßte er, in der man am ersten und besten sich verstehe und stärke, die das heilsame Gleichmaß zwischen Wunsch und Wirklichkeit herstellen solle, daß diese nicht allzu düster, jener nicht allzu unbestimmt werde. Auf die alle bewegenden Fragen näher eingehend legte der Dirigent dar, nicht ein trockner Scholastizismus werbe um Beifall, sondern der Ernst der Treue bitte um Beistand. Zurückstellung und Verkürzung des Tatsächlichen sei der Fehler des Liberalismus und bedeute eben ein Weniger, so daß von Gleichberechtigung einer wegnehmenden „Richtung“ nicht die Rede sein kann. Nicht furchtsame Scheu habe das Kirchenregiment vor sog. inneren Vorlagen abgehalten, sondern weil es nur eine Vorlage kenne, die καλὴ παραθήκη des guten Bekenntnisses. Mit kurzer Würdigung der zur Beratung gestellten Anträge seitens des Oberkonsistoriums schloß die Ansprache. 1823 hatte zur

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Hermann von Bezzel: Zeitbetrachtung. A. Deichert’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1914, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Zeitbetrachtung.pdf/28&oldid=- (Version vom 10.9.2016)