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selben Zeit D. Immanuel Niethammer die erste Generalsynode zu Ansbach eröffnet, 1853 der sel. Adolf Harleß seine erste zu Bayreuth geleitet, die so erhebend dank der trefflichen Leitung und der kundigen Beeinflussung durch den Augsburger Kirchenrat D. Bomhard verlief, 1873 hatte Hofmann den berühmten Augsburger Antrag, den viele Unterschriften bedeckten und dessen Grundmeinung die des Laienbundes trifft, zur Ablehnung empfohlen, weil er unklar und, wo klar, unevangelisch sei. 1905 hatte zum letztenmal die Generalsynode zu Bayreuth getagt, an der D. Karl v. Burger weissagende Worte in tiefster Bewegung gesprochen hatte. Alle diese Erinnerungen begleiteten auf dem Wege in die schöne Stadtpfarrkirche „zur heiligen Dreifaltigkeit“, wie sie D. Schleusner bei ihrer Weihe am 1. Advent 1614 getauft hatte. Der mächtige, zweitürmige Bau war ganz gefüllt, als der Zug nahte, den am Portal die Stadtgeistlichkeit begrüßte. Dem Berichterstatter begegnete als ihr Wortführer der greise Senior Reissinger, der einzig Überlebende jener fünf ehrwürdigen Männer, die ihn in dieser Kirche 1887 ordiniert hatten. „Komm heiliger Geist, Herr Gott“ durchbrauste festlich und feierlich die Hallen, durch die dann die Liturgie, von dem Kirchenrat Buchholz in wahrhaft priesterlicher Würde gesungen, weihevoll erschallte. Es war doch nicht nur Außenwerk, als die ganze Kirchenversammlung wie aus einem Munde das Apostolische Glaubensbekenntnis bekannte, das gute Bekenntnis vor vielen Zeugen. Die Predigt nach dem geliebten Liede Bogatzkys: „Wach auf, du Geist der ersten Zeugen“ hielt der Dirigent über Hebr. 12, 1 u. 2, über einen Text, mit dem er 22 Jahre zuvor in die Diakonissenanstalt zu Neuendettelsau sich eingeführt und über den predigend er am 9. Mai 1904 deren fünfzigjähriges Jubiläum begangen hatte. Es ist sonst nicht Brauch, daß der Dirigent die Festpredigt hält, aber Ort, Zeit, Erinnerung und Absicht mußten und konnten die Ausnahme entschuldigen. – Und dann ward mit Ernst und Eifer gearbeitet in unermüdbarer Willigkeit und kaum überbietbarer Treue. Es kann dem Dirigenten gewiß mit Grund der Vorwurf gemacht werden, der gegen ihn schon während der Tagung erhoben ward, er verlange zu viel und überanstrenge die Synode. Gewollt hat er’s nicht und gemerkt auch nicht. Um so lebhafter ist sein Dank, daß man seinem Schrittmaß folgte, weil man doch wußte, es gelte der Sache.

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Hermann von Bezzel: Zeitbetrachtung. A. Deichert’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1914, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Zeitbetrachtung.pdf/29&oldid=- (Version vom 10.9.2016)