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treten lassen, auch könnte die Parteiung zu sehr hereingetragen werden. Die Generalsynode will fortan ihren Dirigenten – Vorsitzenden – aus ihrer Mitte wählen, ein billiges und wohl begreifliches Verlangen, dessen Verwilligung freilich die bisher dem kirchlichen, richtiger unkirchlichen Parteiwesen entrückte Generalsynode in die ganze Misere nicht nur hineinziehen kann. Den Lehrern und Organisten, den Musikdirektoren und Meßnern ward freundlich Hilfe gewährt und zugesagt. Den auf Abnahme des Eides, auf Bekämpfung des Alkoholismus und des schauerlichen Handels mit unsittlichen Mitteln zum Zwecke der Kinderbeschränkung gerichteten Anträgen ward ernste Teilnahme und Unterstützung gewährt. Kleinere, fast kleinliche Anliegen, die in die Generalsynode sich verirrt hatten, wurden kurz und bündig erledigt, die Revision der zahlreichen Rechnungen mit großer Feinheit und innerer Freiheit dargelegt. Manches vorzügliche Referat wird später zu den kirchengeschichtlichen Dokumenten der Landeskirche gehören, etliche hatten geradezu programmatische Bedeutung.

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 Der 19. September, an dessen Nachmittag der Thalmässinger Antrag im dritten Ausschusse behandelt und vom Dirigenten eingehend nach drei Gesichtspunkten gewürdigt ward, der 23., an dem er im Plenum beraten ward, bildeten die zwei denkwürdigsten und – schmerzlichsten Tage der Generalsynode. Der Antragsteller hatte seinen dem Wortlaute nach ziemlich unmißverständlichen Antrag (auf Amovierung liberaler Theologen – kurz gesagt!) mit den noch unmißverständlicheren Bibelstellen in der lakonischen Begründung durch seine auch dem Berichterstatter unerwartete mündliche Auslegung nicht nur nicht klarer gemacht, sondern seine Notwendigkeit geradezu in Frage gestellt. Denn was er gesagt hatte, wollte er nicht, und was er wollte, war schon anderwärts, so in der vorhergehenden Generalsynode und wiederholt, gesagt. Das Kirchenregiment hatte wahrlich nicht müßig zugesehen, so ernst und entschieden als maßvoll und bedächtig Zeugnis abgelegt, allerlei Anfeindungen um seines Zeugnisses willen getragen und nirgends und nie Zweifel darüber gelassen, daß es in dem Freiprotestantismus nicht das auf der Linie gesunder Lehrentwicklung gelegene, sondern von ihr abbiegende, darum die Kirche gefährdende Neue erblicke. Die aus vier nichthomogenen Stücken zusammengefügte Resolution hat wohl nirgends

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Hermann von Bezzel: Zeitbetrachtung. A. Deichert’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1914, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Zeitbetrachtung.pdf/33&oldid=- (Version vom 10.9.2016)