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MISCELLEN.
EINE ENTTÄUSCHUNG.

Vor einiger Zeit durchlief die Zeitungen die Notiz, dass in Marburg ein bisher unbekanntes Fragment aus der besten Zeit der lateinischen Litteratur entdeckt sei und nächstens der Oeffentlichkeit übergeben werden solle. Eine Vita Catonis, die dem Plutarch als Quelle gedient hatte, musste natürlich Erwartungen auf die reichsten und wichtigsten Aufschlüsse wach rufen, und regten sich auch bei den Meisten leise Zweifel, die Nachricht klang zu erwünscht, als dass man sie nicht gern geglaubt hätte. Auch ich war so sanguinisch, dies zu thun, auch ich erwartete mit Ungeduld die Zeit, wo der neue Classiker in meine Hände kommen würde; doch als ich ihn endlich hatte und die Vorrede überspringend erwartungsvoll zum Texte eilte, was waren die ersten Worte, die mein Auge traf? et ludos inspicere purpurea ueste!! Nissen hat, wie er sagt, nur mit grosser Anstrengung die erloschenen Züge der Handschrift entziffern können: ich an seiner Stelle würde, sobald ich jene Worte gelesen hätte, die weitere Mühe gespart haben, denn mit Ausnahme des et, wogegen nichts einzuwenden ist, steckt in jedem mindestens ein Schnitzer. 1) sagt man nicht ludos inspicere, sondern ludos spectare; 2) ist in purpurea ueste der blosse Ablativ ohne cum oder indutus oder etwas Aehnlichem vielleicht nicht unmöglich, aber zum Mindesten sehr ungewöhnlich: Cicero oder auch Tacitus hätte wahrscheinlich purpuratum geschrieben; 3) braucht man, wenn man ein Privilegium mittheilt, auch

Empfohlene Zitierweise:
diverse: Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 10. Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1876, Seite 251. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_10_251.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)