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DER PESSIMIST DES MENANDROS.

Welcher Philologe hätte nicht einmal von der Auferstehung der menandrischen Komödien geträumt, wem wäre nicht trotz aller Mahnungen des Verstandes ein Rest dieses Glaubens in kindlichem Gemüthe verblieben. Aber Mancher hatte wohl für unsere Generation die Hoffnung aufgegeben; denn dass die Zukunft mehr als ein Exemplar aus den Schulstuben Herculaneums wird aufsteigen sehen, das dürfen wir auch mit dem Verstande annehmen: nicht anders als die römische wird die campanische Jugend ihr Griechisch an Menandros gelernt haben. Aber sonst ist aus occidentalen Handschriften allerdings nichts zu erwarten; denn wenn auch die Scholastiker und Silentiare der justinianischen Zeit noch eine ganze Reihe Stücke wohl kennen[1], so schwindet doch mit ihrem Ausscheiden aus dem Schulunterrichte jede Spur einer Existenz der menandrischen Lustspiele so plötzlich und so räthselhaft, dass die Welt lange das Märchen von einem mönchischen Autodafé geglaubt hat, welches die flüchtigen Griechen den Humanisten des fünfzehnten Jahrhunderts aufgebunden haben. In der Schule aber kennt den Menander zuletzt die vita Fulgentii Ruspensis (cap. 1 der Ausgabe Lugdun. 1623[2]), wie mich Moriz Haupt gelehrt hat, als ich ihm gegenüber sehr unbegründete Hoffnungen


  1. Ist auf das Lemma von Anthol. XI 263 Verlass, so wäre zu Palladas Zeit sogar noch Menander auf die Bühne gekommen. Das allmähliche Absterben der dramatischen Spiele muss aber überhaupt erst noch zusammenhängend untersucht werden. Jenes Gedicht lautet Παύλῳ κωμῳδῷ κατ’ ὄναρ στὰς εἶπε Μένανδρος Όὐδὲν ἐγὼ κατὰ σοῦ καὶ σὺ κακῶς με λέγεις‘. Es ist für Palladas schlecht genug.
  2. Ich citiere das mir unbekannte Buch nach einem Zettel in Haupts Nachlass.
Empfohlene Zitierweise:
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Der Pessimist des Menandros aus Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 11. Berlin: Weidmannsche Buchhandlung, 1877, Seite 498. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_11_498.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)