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menandrischen Bruchstückes bei Klemens von Alexandreia Strom. VII 844 wiedererkannt hat. Aber den Namen des Stückes habe ich nicht ermitteln können; denn Meinekes Vermuthung, der eben jene Verse in den Δεισιδαίμων aufgenommen hat, ist zwar von Cobet angenommen[1], wird aber durch den Zusammenhang widerlegt, denn kein Abergläubischer tritt hier auf und nicht im Ernste soll gezaubert werden. Ich habe also oben einen Namen meiner Fabrik gesetzt, den man griechisch freilich mit Δύσκολος übersetzen kann; aber an das menandrische Stück gleichen Namens ist nicht zu denken, ich wollte nur den Charakter der Hauptperson, des Pheidias, bezeichnen. Diesen hat Cobet nicht erkennen können, weil ihm die pessimistischen Tiraden nicht geläufig sind; ein Deutscher müsste sich die Ohren mit der Watte einer vorgefassten Meinung verstopfen, wollte er in diesem Lamentieren über der Welt Schlechtigkeit nicht den ausgesprochensten Weltschmerz klingen hören; nicht etwa jenen heroischen Lebensüberdruss der dem Balsamsaft der Trauben und jeder höchsten Liebeshuld flucht, sondern den hochmodernen, sich in seiner Krankhaftigkeit brüstenden, der mit der coquetten Weltverachtung ein recht bequemes Genussleben und untadelhafte Toilette zu verbinden weiß. Dieses Schlages ist unser Held Pheidias. Wir hören ihn poltern, gegen Wein und Weiber, nicht ohne wohlgefällige Detailmalerei, wo es die Nachtseiten des Lebens zu schildern gilt. Und sehr nah geht ihm dieser Schmerz um die schlechteste aller möglichen Welten; er klagt, wie er in tiefem Sinnen darüber die kummervollen Nächte auf seinem Bette zubringe; ganz wie Euripides liebeskranke Phaidra vorgiebt ἤδη ποτ’ ἄλλως νυκτὸς ἐν μακρῷ χρόνῳ Θνητῶν έφρόντισ’ ᾗ διέφθαρται βίος. Es ist wohl möglich nach Menanders ganzer Art, dass er eben diese hochberühmten Worte von seinem Pheidias hat anwenden lassen: denn dieser letzte Trumpf des Weltschmerzes war in den am Ende der Vorderseite zerstörten Versen ausgespielt. Naturgemäß hält Pheidias nun etwas inne, und so kommt sein Widerpart, ein alter gutmüthiger Herr (Onkel oder Haussclave), der ihn erzogen hat, aber seines Glaubens ein


  1. Die von Cobet als Beleg angeführte Stelle desselben Buches der Stromateis S. 842, d. h. Meinekes zweites Bruchstück des Abergläubischen beweist gar nichts. Klemens schreibt in jener Partie aus irgend einer poetischen Anthologie das Gapitel vom Aberglauben aus.
Empfohlene Zitierweise:
Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff: Der Pessimist des Menandros aus Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 11. Berlin: Weidmannsche Buchhandlung, 1877, Seite 500. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermes_11_500.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)