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Emil Hübner: Hermes. Zeitschrift für classische Philologie Bd. 3
Ein Decret des L. Aemilius Paulus

Verbum finitum (inpeirator decreivit utei … servei … leiberei essent; agrum … item possidere habereque iousit) deutet wohl darauf, dass wir auch hier einen Auszug, nicht den vollen Wortlaut, vor uns haben.

Das Datum endlich, der 19. Januar (nach dem alten Kalender; nicht der 21., wie Renier nach dem cäsarischen Kalender angiebt) braucht nicht vom J. 566 verstanden zu werden, wie Renier meint. Paulus war Prätor zuerst für das Jahr 563/564; dann, nach erfolgter Prorogation, auch für 564/565; 565 erfocht er den Sieg über die Lusitaner, der ihm den Imperatortitel eintrug. Da das Amtsjahr mit dem 14. März ablief, so reicht das Jahr noch aus für den Sieg und die Erwerbung des Imperatortitels[1]. Und das passt auch sehr gut zu den Berichten über des Paulus Nachfolger L. Baebius Dives, der für 565/566 Prätor sein sollte[2], aber auf dem Marsch nach Hispanien in Folge seiner im Kampf mit den Ligurern erhaltenen Wunden in Massilia starb[3]: dadurch muss sich der Commandowechsel schon verzögert haben. Auf die Meldung von seinem Tod beauftragt der Senat den P. Iunius Brutus, der in Etrurien commandierte[4], die freigewordene Provinz zu übernehmen. Dort hatte inzwischen, nach dem oben schon angeführten Zeugniss des Livius, Paulus jenen Sieg erfochten, der ihm den Imperatortitel brachte, prius aliquanto, quam successor veniret; was nur auf den zunächst vorhergenannten Brutus bezogen werden kann, nicht (mit Weissenborn) auf den mittler Weile verstorbenen Dives. So erklärt es sich, dass der Commandowechsel, wie häufig auch sonst, erst nach Ablauf des Amtsjahres, wohl im Herbst des J. 565, stattfand. Dass das Decret im Lager erlassen worden ist, stimmt vortrefflich zu dem noch keineswegs befriedeten Zustand der Provinz.

Also kann darüber kein Zweifel sein, dass dies Decret in der That am 19. Januar des J. 565 (= 189 v. Chr.) erlassen worden ist. Mithin ist es um drei Jahr älter als die bisher bekannte älteste lateinische Urkunde auf Erz, die wir besitzen, das sogenannte Senatusconsult (richtiger der dasselbe referierende Brief der Consuln an eine bruttische Gemeinde), betreffend das Verbot der Bacchanalien[5]. Es


  1. S. darüber Mommsens Bemerkungen unten S. 262.
  2. Livius 37, 47, 8. 50, 8. 11.
  3. Livius 37, 57, 2.
  4. Livius 37, 57, 2.
  5. C. I. L. 1, 196.