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Philosophie läutern und befestigen müsse; und ebendeßhalb ist der Grundstein seines Staates die philosophische Bildung der Regenten, ebendeßhalb werden alle Andern von jedem Antheil an der Staatsverwaltung ausgeschlossen. Damit ist offenbar jener altgriechische Standpunkt, welchen Plato in anderer Beziehung festhält, wieder verlassen, der Schwerpunkt des Staatslebens ist in die Einzelnen, in ihre Bildung, ihre wissenschaftliche Ueberzeugung verlegt. Aber sich dieser Richtung ganz zu überlassen ist dem Philosophen unmöglich: dazu ist der hellenische Geist in ihm und seinem System noch zu mächtig. So steht er an der Grenzscheide zweier Zeiten, und während er selbst mit aller Macht daran arbeitet, eine neue Bildungsform heraufzuführen, bringt er doch zugleich alle die Interessen, auf welche die neuere Zeit nicht zu verzichten weiß, dem Geist seines Volkes willig zum Opfer. Ebendeßhalb aber versteht man ihn blos halb, wenn man nur seine Bedeutung für seine Zeit in’s Auge faßt; das Innerste seines Wesens gehört, wie bei allen bahnbrechenden Geistern, der Zukunft.

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Zeller: Der platonische Staat in seiner Bedeutung für die Folgezeit. In: Historische Zeitschrift Bd. 1. Literarisch-artistische Anstalt der J. G. Cotta’schen Buchhandlung, München 1859, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Historische_Zeitschrift_Bd._001_(1859)_126.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)