Seite:Hoechstetter Vielleicht auch Traeumen.pdf/38

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

DER TREULOSE

Wir ritten jubelnd durch die Nacht,
Fern lag das Schloß – vor uns das Meer
So weiß wie Diamanten.

„Mein Liebster, ach, es ist vollbracht,

5
Wie wir liegt keiner nimmermehr

In Liebesbanden.“

Am Wege steht ein armes Kind
Mit Augen, schwer vom Schmerz,
Und Blut an seinen Füßen –

10
„Was wirst du blaß, sag mir geschwind

Was wirst du blaß, geliebtes Herz?
Das Mädchen wollt’ dich grüßen!“

„Laß, Liebste, es war nur der Wind,
Der spielt zum Scherz

15
Mit einer alten Weide.“


„Nein, Liebster, meine Augen sind
So klar und hell wie Erz.
Das Kind steht auf der Heide.“

„Nein, Liebste, nein, es ist der Mond

20
Der macht das Land so hell.

Er tut dir nichts zuleide.“

Empfohlene Zitierweise:
Sophie Hoechstetter: Vielleicht auch Träumen. Müller, München und Leipzig 1906, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoechstetter_Vielleicht_auch_Traeumen.pdf/38&oldid=- (Version vom 1.8.2018)