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SPÄTER AUGUST

Schon werden die Tage so seltsam still
Und die Nächte schicken den Sternenregen
Zur dunkelnden Erde – wieder will
Der Sommer seinem Herbst entgegen.

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Über dem Städtlein liegt Mondenlicht

Und die Menschen wandeln zu zweien
Im Schatten von Giebeln verschlungen dicht
Den Liebesreihen.

Einst gingen wir auch durch die stille Stadt

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Und hörten fern das Posthorn klingen

Und den Fluß, der leise ans Ufer trat –
Unser Leben war Singen –

Unsre Schritte hallten durch schlafende Nacht,
Wenn der Mond erblich und die Sterne sanken

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Als hätten sie schmerzlichen Weg vollbracht –

Unser Leben war Danken.

Wo bist du, mein einsamer Herzgenoß?
Nun seh ich Fremde den Liebesweg schreiten –
Die Turmuhr schlägt – so riesengroß

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Faßt mich das Sehnen alter Zeiten.


Oh Jugendglück – oh Jugendlust,
Heut’ gehst du in fremden Gestalten.
Wie die Sterne vom Himmel im späten August
Sind wir gestürzt – die Lieder verhallten.

Empfohlene Zitierweise:
Sophie Hoechstetter: Vielleicht auch Träumen. Müller, München und Leipzig 1906, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hoechstetter_Vielleicht_auch_Traeumen.pdf/40&oldid=- (Version vom 1.8.2018)