Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.1 1819.pdf/67

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vollenden; aber es ist noch nicht eilf Uhr und eine schöne Sommernacht. Ich wette, neben mir beim Oberjägermeister[a 1] sitzen die Mädchen am offnen Fenster und schreien mit kreischender, gellender, durchbohrender Stimme zwanzigmal: Wenn mir dein Auge strahlet[a 2] – aber immer nur die erste Strophe, in die Straße hinein. Schräg über martert einer die Flöte und hat dabei Lungen wie Rameau’s Neffe,[a 3] und in langen, langen Tönen macht der Nachbar Hornist akustische Versuche. Die zahlreichen Hunde der Gegend werden unruhig, und meines Hauswirths Kater, aufgeregt durch jenes süße Duett, macht dicht neben meinem Fenster (es versteht sich, daß mein musikalisch-poetisches Laboratorium ein Dachstübchen ist), der Nachbars-Katze, in die er seit dem März verliebt ist, die chromatische Scala hinaufjammernd, zärtliche Geständnisse. Nach eilf Uhr wird es ruhiger; so lange bleib’ ich sitzen, da ohnedieß noch weißes Papier und Burgunder vorhanden, von dem ich gleich etwas genieße. – Es giebt, wie ich gehört habe, ein altes Gesetz, welches lärmenden Handwerkern verbietet, neben Gelehrten zu wohnen: sollten denn arme, bedrängte Komponisten, die noch dazu aus ihrer Begeisterung Gold münzen müssen, um ihren Lebensfaden weiter zu spinnen, nicht jenes Gesetz auf sich anwenden und die Schreihälse und Dudler aus ihrer Nähe verbannen können? Was würde der Mahler


  1. der Oberförster Kettner. Im Erstdruck lautete der Name noch: Katzentreffer.
  2. ein sehr populäres Duett aus dem Singspiel Das unterbrochene Opferfest von Peter von Winter.
  3. Rameaus Neffe, ein philosophischer Dialog von Denis Diderot, bekannt geworden durch die Übersetzung Goethes. Siehe Google Leipzig 1805. S. 295.