Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.1 1819.pdf/74

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Wer vermag die Empfindung zu beschreiben, die mich durchdrang! – Wie löste sich der Schmerz, der in meinem Innern nagte, auf in wehmüthige Sehnsucht, die himmlischen Balsam in alle Wunden goß. – Alles war vergessen und ich horchte nur entzückt auf die Töne, die wie aus einer andern Welt niedersteigend mich tröstend umfingen. –

Eben so einfach wie das Rezitativ ist das Thema der folgenden Arie: Ombra adorata, gehalten; aber eben so seelenvoll, eben so in das Innerste dringend spricht es den Zustand des Gemüths aus, das von der seligen Hoffnung, in einer höheren, besseren Welt bald alles ihm Verheissene erfüllt zu sehen, sich über den irdischen Schmerz hinwegschwingt. – Wie reiht sich in dieser einfachen Komposition Alles so kunstlos, so natürlich an einander; nur in der Tonika und in der Dominante bewegen sich die Sätze, keine grelle Ausweichung, keine gesuchte Figur, der Gesang fließt dahin wie ein silberheller Strom zwischen leuchtenden Blumen. Aber ist dieß nicht eben der geheimnisvolle Zauber, der dem Meister zu Gebote stand, daß er der einfachsten Melodie, der kunstlosesten Struktur, diese unbeschreibliche Macht der unwiderstehlichsten Wirkung auf jedes empfängliche Gemüth zu geben vermochte? In den wundervoll hell und klar tönenden Melismen fliegt die Seele mit raschem Fittig durch die glänzenden Wolken