Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.2 1819.pdf/136

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denen eine gewisse Sehergabe eigen, die sie durch ihnen bekannte untrügliche Mittel in Bewegung zu setzen wissen. Es ist hier am Orte eine alte Frau, die diese Gabe ganz besonders besitzt. Nicht so, wie Andere ihres Gelichters, prophezeit sie aus Karten, gegossenem Blei oder aus dem Kaffeesatze, sondern nach gewissen Vorbereitungen, an denen die fragende Person Theil nimmt, erscheint in einem hellpolirten Metallspiegel ein wunderliches Gemisch von allerlei Figuren und Gestalten, welche die Alte deutet, und aus ihnen die Antwort auf die Frage schöpft. Ich war gestern Abend bei ihr und erhielt jene Nachrichten von meinem Viktor, an deren Wahrheit ich nicht einen Augenblick zweifle.“ – Angelika’s Erzählung warf einen Funken in Veronika’s Gemüth, der schnell den Gedanken entzündete, die Alte über den Anselmus und über ihre Hoffnungen zu befragen. Sie erfuhr, daß die Alte Frau Rauerin hieße, in einer entlegenen Straße vor dem Seethor wohne, durchaus nur Dienstags, Mittwochs und Freitags von sieben Uhr Abends, dann aber die ganze Nacht hindurch bis zum Sonnen-Aufgang zu treffen sey, und es gern sähe, wenn man allein komme. – Es war eben Mittwoch, und Veronika beschloß, unter dem Vorwande, die Osters nach Hause zu begleiten, die Alte aufzusuchen, welches sie denn auch in der That ausführte. Kaum hatte sie nämlich von den Freundinnen,