Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.2 1819.pdf/323

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Organs, die ich längst bemerkt, zum großen Sänger geboren; denn die größte Schwierigkeit ist bereits überwunden. Nichts ist nämlich der wahren Singkunst so sehr entgegen, als eine gute, natürliche Stimme, und es kostet nicht wenig Mühe bei jungen Scholaren, die wirklich Singstimme haben, diese Schwierigkeit aus dem Wege zu räumen. Gänzliches Vermeiden aller haltenden Töne, fleißiges Ueben der tüchtigsten Rouladen, die den gewöhnlichen Umfang der menschlichen Stimme weit übersteigen, und vornehmlich das angestrengte Hervorrufen des Falsets,[WS 1] in dem der wahrhaft künstliche Gesang seinen Sitz hat, hilft aber gewöhnlich nach einiger Zeit; die robusteste Stimme widersteht selten lange diesen ernsten Bemühungen: aber bei Ihnen, Geehrtester, ist nichts aus dem Wege zu räumen; in kurzer Zeit sind Sie der sublimste Sänger, den es giebt!“ – – Der Mann hatte Recht, nur weniger Uebung bedurfte es, um ein herrliches Falset und eine Fertigkeit zu entwickeln, hundert Töne in einem Athem herauszustoßen, was mir denn den ungetheiltesten Beifall der wahren Kenner erwarb, und die armseligen Tenoristen, welche sich auf ihre Bruststimme Wunder was zu Gute thun, unerachtet sie kaum einen Mordent herausbringen, in Schatten stellte. Mein Maestro lehrte mich gleich anfänglich drei ziemlich lange Manieren, in welchen aber die

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Falsett, die „Kopfstimme“ bei Männern, klingt erheblich höher und erheblich dünner als die Bruststimme.