Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.2 1819.pdf/341

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solch eine Oper gehe ich immer und immer wieder, und klarer und leuchtender wird es im Innern, und alle Gestalten treten heraus aus dem düstern Nebel und schreiten auf mich zu, und nun erkenne ich sie, wie sie so freundlich mir befreundet sind und mit mir dahinwallen im herrlichen Leben. – Ich glaube Glucks Iphigenia[WS 1] gewiß funfzigmal gehört zu haben. Darüber lachen aber mit Recht die echten Musiker und sagen: „Beim ersten Mal hatten wir Alles weg, und beim dritten satt.“ – Ein böser Dämon verfolgt mich aber, und zwingt mich, unwillkührlich komisch zu seyn und Komisches zu verbreiten, rücksichtlich meiner Musikfeindschaft. So stehe ich neulich im Schauspielhause, wohin ich aus Gefälligkeit für einen fremden Freund gegangen, und bin ganz vertieft in Gedanken, als sie gerade (es wurde eine Oper gegeben) so einen nichtssagenden, musikalischen Lärm machen. Da stößt mich der Nachbar an, sprechend: „Das ist eine ganz vorzügliche Stelle!“ Ich dachte, und konnte in dem Augenblick nichts Anderes denken, als daß er von der Stelle im Parterre spräche, wo wir uns gerade befanden, und antwortete ganz treuherzig: „Ja, eine gute Stelle, aber ein bischen Zug weht doch!“ – Da lachte er sehr, und als Anekdote von dem Musikfeind wurde es verbreitet in der ganzen Stadt, und überall

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Iphigénie en Aulide, eine Oper in drei Akten von Christoph Willibald Gluck von 1774.