Seite:Hoffmann Fantasiestücke in Callots Manier Bd.2 1819.pdf/362

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ohne Worte unbekannte, geheimnißvolle Dinge verständlich ausspreche. – Keiner konnte sich von dem Fremden losreißen, ja nicht oft genug seine Erzählungen hören, die auf unbegreifliche Weise dunkles, gestaltloses Ahnen in lichter, erkenntnißfähiger Form vor des Geistes Auge brachten. Sang nun der Fremde vollends zu seiner Laute in unbekannter Sprache allerlei wunderbar tönende Lieder, so wurden Alle, die ihn hörten, wie von überirdischer Macht ergriffen, und es hieß: das könne kein Mensch, das müsse ein Engel seyn, der die Töne aus dem himmlischen Conzert der Cherubim und Seraphim auf die Erde gebracht. Das schöne blutjunge Burgfräulein umstrickte der Fremde ganz mit geheimnißvollen unauflöslichen Banden. Sie wurden, da er sie im Gesange und Lautenspiel unterrichtete, binnen kurzer Zeit ganz vertraut mit einander, und oft schlich der Fremde um Mitternacht zu dem alten Baum, wo das Fräulein seiner schon harrte. Dann hörte man aus weiter Ferne ihren Gesang und die verhallenden Töne der Laute des Fremden, aber so seltsam, so schauerlich klangen die Melodien, daß Niemand es wagte, näher hinzugehen, oder gar die Liebenden zu verrathen. An einem Morgen war der Fremde plötzlich verschwunden, und vergebens suchte man das Fräulein im ganzen Schlosse. Von folternder Angst, von der Ahnung des Entsetzlichen ergriffen, schwang sich