Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/195

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freilich zu etwas muß er gebraucht werden. Aber warum steht er gerade da oben? Man kann nicht antworten: weil unten kein Platz war; denn, wenn auch unten kein Platz für den Drachenwagen gewesen wäre, so war doch da oben Raum genug für einen drolligen Einfall, und der steckt auch gewiß noch dahinter. Spieen die Drachen Feuer (und das sollten alle Trauerspiel-Drachen, zumal auf Dörfern oder in kleinen Städten und manchen großen, von Rechtswegen), so hätte sie schon allein deswegen Hogarth so nahebei das Stroh und das Dach packen können. Aber sie zischen kalt. – Wäre es nicht wiederum zu gelehrt, so würde ich glauben, es wäre der Wagen der Ceres oder ihres Triptolemus, der bekanntlich auch von Drachen gezogen wird. Ich habe, gleich beim Eingange, diese Scheune ganz unwillkührlich ein Heiligthum der Ceres genannt. Der Ausdruck ist sehr alltäglich. Wie wenn also Ceres bei der Ankunft so viel höhererGottheiten hätte aussteigen, und das Dachstübchen wählen müssen, so wie manche Leute in den Leipziger Messen, wenn die Götter ankommen? Getreide und Dreschflegel mußten bei Seite geschafft werden, und dort oben liegen sie auch wirklich beisammen. Aber ist das nicht Ceres mit ihrem Dreschflegel Triptolemus? Doch genug; vielleicht finden die Leser etwas Besseres.

Das verliebte Pärchen hinter dem Stroh und der Fahne ist der arme, arme Oedipus mit seiner Iocasta. Es steht oben darüber geschrieben. Trusler, der nicht leicht einen Menschen übertrifft, hat sich hier wenigstens selbst übertroffen. Er glaubt, Hogarth habe hierdurch auf das blutschänderische Leben dieser Comödianten angespielt. Was das für ein Einfall ist! Wer den Hogarth nur etwas aus dem Ganzen kennt, den wird sein Gefühl lehren, daß er unmöglich, in einem Stück, das ganz dem unschuldigen Lächeln geheiligt ist, mit einem Gedanken hervorkommen konnte, der mit einem Male durch das Abscheuliche, das er enthält, allen Eindruck stören würde. Sind diese Leute Blutschänder, so lacht kein Mensch mehr über sie, man verabscheut sie. Blutvergießer sind sie wohl, wie wir gesehen haben, aber sehr unschuldige, und Sünder mögen sie wohl auch seyn, aber gewiß sehr gutmüthige, arme Sünder. Die Sache verhält sich so: was dahinten steckt, ist ein