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Die Hauptgruppe des Blattes stellt ebenfalls eine kleine Brüderschaft vor, die auch ihre Andacht, wiewohl außerhalb der Kirche, hält. Doch ist es keine gemeine Privat-Andacht; sie wird aus Mangel an Raum im Gotteshause, wenigstens auf dem Gottesacker geübt, der seinen Namen und Ursprung ganz ähnlichen Grundsätzen unserer frommen Vorfahren bei einer ähnlichen Verlegenheit, zu danken hat. Jeder Gerechte wünschte nämlich dereinst sein Ruhekämmerlein so nahe am Altar zu haben, als möglich. Daß es zu einer Zeit, wo sowohl der Gerechten als der Aerzte mehr waren, als jetzt, und wo die Gerechten noch Geld hatten, ihre Wünsche zu unterstützen, bald an Raum fehlen mußte, ist sehr begreiflich. Man gab also dem Altar, unter der Erde weg, einen größern Wirkungskreis, und bewies von der einen Seite, was von der andern sehr gern geglaubt wurde, daß man am Altar läge, wenn man innerhalb jenes Kreises lag. So entstanden Kirchhöfe[1].

So viel zur Rechtfertigung dieses Häufleins von Seiten des Orts. Wirft man über dieß nur einen flüchtigen Blick auf dasselbe, zumal zu rechter Zeit, worunter ich unmaßgeblich die Abend-Dämmerung, kurz vor dem Lichtanstecken, aus Menschenliebe empfehle, und wirklich auch selbst


  1. Also Vorsorge für das Heil ihrer Seelen veranlaßte unsere guten Alten, die Begräbnisse in und um die Kirchen anzulegen; Wir, aus ähnlicher Vorsorge für unsere Leiber, haben nun diese Stellen selbst, jedoch mit Beibehaltung des Charakters von Kirchhöfen und Gottesäckern, außerhalb der Stadt verwiesen. Die Principien, auf die sich beiderseitiges Verfahren gründet, liegen vor Augen. Dort war es größtmögliche Annäherung zum Altare im Tode, und hier größtmögliche Entfernung von Stick-Gas, von gekohltem, geschwefeltem und gephosphortem Wasserstoff-Gas im Leben. Dieses ist sehr klar. Aus was für Principien man aber in einem gewissen berühmten Städtchen den Juden-Kirchhof unmittelbar beim Galgen angelegt hat, verstehe ich nicht. Hier kann es offenbar nicht aus einem Bestreben nach Annäherung geschehen sein, auch aus keinem nach Entfernung. Denn bei jeder zweckmäßigen Entfernung von Personen sowohl als Sachen, ist es unumgänglich nöthig, daß sie in einer Richtung geschehe, wobei aller Verdacht sowohl, als alle Gefahr einer Annäherung zu einem weit mißlichern Punkt vermieden wird. Es ist sonderbar.