Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/1112

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Durchaus verschiedenen Ausdruck zeigen die anwesenden Juden. Der Hohepriester, welcher neben Felix sitzt, erweist in seinen Zügen die höchste Erbitterung, welche ein Theologe der herrschenden Kirche gegen Andersdenkende nur immer zeigen kann. Voll Wuth kaut er an den Nägeln. Er ist zugleich über Felix ärgerlich, weil dieser nicht geneigt scheint, den Arm der bürgerlichen Gewalt der geistlichen darzuleihen. Ein zweiter Jude neben ihm, mit einem Gesichte, welches Hogarth sicherlich nach einem jüdischen Trödler copirt hat, nach Apostelgeschichte 24, 1 ein Mitglied des Sanhedrin (ein Aeltester), ist dagegen in verschiedener Stimmung. Er offenbart demüthige Unterwürfigkeit gegen Felix, den er aufmerksam betrachtet, um seinen Willen zu erspähen, und wagt seinen Verdruß nicht zu äußern, daß der Apostel der Rache der Juden jetzt entgeht. – Unter den Zuthaten ist der römische Adler, als Schmuck vor der Schranke, vor welcher Paulus steht, nicht übel angebracht. Auch der Bau scheint der Zeit gemäß, eine römische Basilica, bekanntlich der Ort des Gerichts, von den Römern später als christliche Kirche benützt.

Das Originalbild befindet sich eben so, wie das Gemälde, worin Hogarth einige Veränderungen anbrachte, gegenwärtig in den Sälen von Lincoln’s Inn hall, wo der Lordkanzler seine Sitzungen als Haupt des sogenannten Billigkeitshofes (Court of equity) hält, welcher bekanntlich nach Appellation das Urtheil der anderen Gerichtshöfe nach Billigkeit verändern kann, jedoch so, daß seine Entscheidungen den bestehenden Statuten nicht widerstreiten. Somit ist der dargestellte Gegenstand für den Ort nicht unpassend gewählt, indem hier ein höherer Richter (Felix) um die ungerechte Entscheidung eines niederern (des Sanhedrin) sich nicht kümmert. – Auf dem zweiten Gemälde ist die Drusilla weggelassen, so wie auch der Fahnenträger nebst der Figur, womit sich derselbe unterhält. Paulus steht vor einer höheren Brüstung, so daß nur der römische Schreiber sichtbar ist, welchem eine ebenfalls überzeugte Figur etwas zuflüstert. Die Köpfe hinter dem römischen Soldaten sind somit weggefallen. Letzterer füllt die Thüre aus, so daß man die Aussicht in’s Freie nicht erblickt. Auch die Gallerie oben ist weggefallen.