Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/191

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eines bloß simulirten Knaben immer sicherer und allgemeiner. Hier siegte er mit dem, was er ist, und dort mit dem, was er bedeutet. Also auch unser Amor könnte wenigstens ein Mädchen seyn. So wären denn nun alle Personen Frauenzimmer, bis auf Zeus und die Teufel, und so Hogarth’s Aufschrift so gut als gerechtfertigt. Denn ein Beichtvater und ein Paar junge Versucher machen doch fürwahr ein Nonnenkloster noch nicht zu einem Mönchskloster.

Dieses wäre der Knoten gelöst. Zerhauen ist er auch hier viel leichter. Comödiantinnen, die sich ankleiden. Recht gut, könnte man nur sagen, alle, die hier im Ankleiden begriffen sind, sind auch bloß Comödiantinnen. So liefe am Ende die ganze Aufschrift auf etwas sehr Gemeines hinaus. – Auf ein Titulchen, dergleichen man Sachen giebt, und Personen sich sogar geben lassen – aus allerlei Absicht. – Was könnte aber hier die Absicht gewesen seyn? – O ich habe zu lange über eine Nebensache geredet. – Man frage den Dorf-Aktäon, der weiß es gewiß.

Ehe ich weiter gehe, erlaube man mir eine kleine Betrachtung. So entscheidend ich auch hier über das Geschlecht des Ganymed gesprochen habe, so ist es doch wirklich bloß in der Absicht geschehen, um auch einmal für diese Seite der Frage alles zu sagen, was sich, wie ich glaube, dafür sagen läßt. Sonst sind einige Ausleger, und darunter auch Nichols, gerade für das Gegentheil. Er sieht in dem Auge der kleinen Sirene etwas mehr, als bloß medicinisch-chirurgische Tröstung, nämlich Liebe. Wäre dieses: so ist es freilich ein drolliger Anblick, einen Liebhaber, in einem solchen Aufzuge, vor seiner Geliebten stehen und über Zahnweh klagen zu sehen, und der Dienst, den Aurora dem Mädchen bei der Entrevüe erweist, erhöht die Scene noch mehr. Der ungenannte Erklärer hingegen, der, wie mich dünkt, meistens sehr gut trifft, sagt nur ein Paar Worte hierüber, und diese sind ganz für meine Hypothese. Ich greife übrigens dem Urtheil der Leser in nichts vor. Ein Theil des Vergnügens, das die Betrachtung der unsterblichen Werke unsers Künstlers gewährt, hängt, so wie bei der von Werken der Natur, mit von der Uebung eigener Kraft ab, die noch dabei Statt findet. Mich wenigstens