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Jahrmarkt von Southwork erinnerte. Jene zweite Reihe von Blättern, die ein ganzes Leben umfaßte, erregte zwar nicht den überraschenden Eindruck, wie das Leben einer Buhlerin, da der Reiz der Neuheit für diese Gattung bereits verloren war, und wie sein späteres bestes Stück, die Modeheirath, machte jedoch noch immer einen nicht unangenehmen Eindruck; 1736 folgten kleinere Blätter: die schlafende Gemeinde (The sleeping audience); der arme Poet (The distrest poët); die medicinische Berathschlagung, oder das Wappen der Leichenbegängniß-Unternehmer (The undertaker’s arms). Auch sollen in dasselbe Jahr zwei schlüpfrige Bilder: Vorher und Nachher, fallen, die Hogarth, wie es heißt, auf Bestellung eines ausschweifenden Peers gemalt hat, die jedoch von Ireland, als von ihm stammend, in Zweifel gezogen werden. Da es gegenwärtig unbekannt ist, wo sich die Originalgemälde befinden, so läßt sich über die Aechtheit nicht entscheiden; 1737 erschien von ihm die akademische Vorlesung über den leeren Raum (A lecture – Datur vacuum), 1737 und 1738 die herumziehende Schauspielergesellschaft (Strolling players dressing in a barn) und die vier Tageszeiten; 1741 der in Wuth gesetzte Musiker (The enraged musician); 1742 der Geschmack der großen Welt (Taste in high life); 1743 Charaktere und Caricaturen; sämmtlich Blätter, wo die Commentare genügen, um den Zusammenhang mit des Künstlers Leben und dessen Charakteristik darzustellen.

Im Jahre 1745 hatte er ohne Zweifel den Gipfel seiner Kunst erreicht, denn er gab damals die Heirath nach der Mode (Marriage à la mode) heraus, eine Reihe von Blättern, die um so höheren Beifall ernteten, da die aristokratischen Classen bisher dem Künstler zum Vorwurf gemacht hatten, er sei allein im Stande, das Leben der Niederen mit Wahrheit darzustellen. Dies Werk ist um so bemerkenswerther, als es zugleich ein entscheidendes Zeugniß von der Fertigkeit des Künstlers als Maler in Behandlung des Pinsels und der Farben bietet. Die meisten Originalgemälde zu Hogarth’s Blättern sind nämlich dem größeren Publikum verschlossen. Durch die erwähnte Auction im Jahre 1746 kamen sie in den Besitz von Privatleuten; die späteren wurden auf Bestellung gemalt; beide sind seitdem in verschiedene Hände übergegangen und in den britischen Reichen zerstreut. In keiner Gallerie des Festlandes wird man ein Exemplar von ihnen vorfinden. Bei mehreren ist sogar die Gallerie unbekannt, worin sie sich gegenwärtig befinden. Bekanntlich sind aber die Privatsammlungen der Briten den Fremden so schwer zugänglich, daß sogar Waagen bei aller Empfehlung und bei seinem Ruf als Kunstkenner nur wenige Stücke von Hogarth gesehen hat. Die Marriage à la mode ist jedoch dem Publikum gegenwärtig geöffnet, denn die 6 Originalgemälde befinden sich in der 1823 gegründeten Nationalgallerie, zugleich mit dem Portrait des Künstlers. Waagen gibt hierüber ein Urtheil, welches Hogarth auch als Maler hochstellt. Er sagt: „Mit seltener Meisterschaft und Leichtigkeit sind hier die feinsten Nuancen seines Humors in den Köpfen hergeschrieben, und alles andere mit derselben Sicherheit und meist fleißig ausgeführt. Obgleich die Färbung im Ganzen unscheinbar ist, und die Bilder, da sie fast ohne Lasuren, nur in Deckfarben gemalt sind, mehr den Eindruck von Gouasch als von Oelgemälden machen, ist doch das Fleisch öfter von kräftiger Färbung, sind die übrigen sehr gebrochenen Farben mit so viel feinem Sinn für eine harmonische Wirkung zusammengestellt, daß sie für Colorit auf einer ungleich höheren Stufe stehen, als so viele Erzeugnisse der neueren englischen Schule mit ihren schreienden, grell bunten Farben. Nur das fünfte Bild, der Tod des Ehemanns, hat durch Nachdunkeln an Haltung verloren.“ – Dies