Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/279

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allgemein verständlich, und Jedem offen, für sich, und bedarf keiner Erläuterung; über die letztern hingegen, wo bloß Conjecturen verstattet sind, hat Flora die fast überflüssige Bürgschaft geleistet, und ihr Röschen vorgesteckt: Jugendblüthe mit Unschuld. Von da geht die Fortification abwärts in der gewöhnlichen Manier, mit drei- bis vierfachem Walle fort bis zu den parallelen Füßchen. Wenn der Commandant sich nicht bestechen läßt, so ist von der Seite Hoffnung für die Campagne. – An der Seite hängt ein Nadel-Kißchen und ein Scheerchen, und von dem rechten Arme ein Bündelchen herab, vermuthlich von der weinend-scheidenden armen Mutter zuerst dahin gehängt, zur Beschäftigung unterwegs und zur Erquickung. Von der gänzlichen Resignation in der Haltung der Arme und von der Schüchternheit im Blick, gehört allerdings vieles auf die Rechnung des Wiederscheins von der vornehmen Uhr der Staatsdame, mit welcher das gute Kind hier en rapport gesetzt ist. Wer Ihro Wohlgeboren sind, soll der Leser zu seiner Zeit erfahren. Noch haben wir es mit der Unschuld zu thun, und kommen daher gleich auf den armen Vater.

Da sitzt er auf dem treuen Familien-Stück, einem erbarmungswürdigen Schimmel[1], der vermuthlich nun schon seit sechszehn Jahren sein mögliches gethan hat (was freilich andere Geschöpfe Gottes besser thun könnten), den armen Reiter mit einer Frau und zehn lebendigen Kindern, bei einer Einnahme von hundertundfünfzig Thalern netto in dem reichen Lande zu unterstützen, dem sie alle zugehören. Eine traurige Figur fürwahr! Das Leder an den Knieen ist im schweren Dienste durchgekniet, und von der Natur nur so obenhin wieder geflickt. Die Form des Halses


  1. Roucquet sagt: die englischen Geistlichen ritten gewöhnlich Schimmel. Also Schwarz auf Weiß. Da Roucquet mit Hogarth bekannt war, und dieser vermuthlich um die Bemerkung gewußt haben muß, so ist es höchst wahrscheinlich, daß der launige Britte dem leichtgläubigen Franzosen die Schnurre aus Muthwillen aufgebunden hat. Dieses gibt zugleich eine muthmaßliche Probe ab, wie Hogarth’s Commentar über seine Werke ausgefallen seyn würde, wenn er einen hinterlassen hätte.