Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/332

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Dieses ist, um die Sache kurz zu benennen, ein sehr elender Gedanke dieser Herren Ausleger. Denn einmal ist die Figur offenbar männlichen Geschlechts, und so sind wir mit einem Male am Ende. Wäre sie aber auch dieses nicht, so hätte der Gedanke schon in sich etwas Empörendes für ein gewisses Gefühl, welches Hogarth bei alle seinem Muthwillen, so viel ich weiß, nie beleidigte. Es wäre auch kein gutes Zeichen. Freilich mag wohl hier und da in der christlichen Welt, das Bild dieser ehrwürdigen Person in manchen Privattempelchen aufgehängt sein, worin Gott so schlecht gedient wird, als hier. Aber so etwas ist viel zu gesucht, und das Empörende beim ersten Anblick, stumpft alle Empfindung ab für den schwachen Reiz einer solchen Alltags-Finesse hintendrein. Mit einem Wort: es ist nicht wahr. Das Ding ist ein Kalenderheiliger freilich. Aber man bedenke die Zahl 365. Sollte unter dieser ganz beträchtlichen Heerde auch nicht ein einziges räudiges Stück gewesen sein, wie Sacheverel, oder Mac Heath? – Ueber das Opfer Isaaks sagen die Ausleger theils Nichts, theils Etwas, was eben so viel werth ist. Bei verwickelten Stellen ist das Ausleger-Mode. Vermuthlich ist das Bild noch ein Ueberbleibsel aus dem portugiesischen Tempel, und vielleicht enthält das, was wir oben, S. 259, so ganz unbefangen gesagt haben, schon selbst die beste Erklärung. Wirklich nimmt auch hier die Geschichte des Mädchens eine Wendung, die man in dieser Lage noch immer glücklich nennen kann. Das Schwert, das über ihr aufgehoben war, wird noch angehalten, und die Stätte, wo Isaak geopfert werden sollte, hieß bloß: der Herr siehet. Was will man weiter? Hogarth sah vermuthlich hier nicht sehr tief, und dachte sich bloß Rettung vom gewaltsamen Tode oder Zurückhaltung des Schwertstreiches der strengen Gerechtigkeit in besondern Fällen, durch den Arm einer höhern Güte, die die Macht dazu hat. So denken sich Tausende die Geschichte von Isaak, die nicht tiefer sehen. Die Erklärung ist freilich, wenn Hogarth Philologe und Schriftgelehrter gewesen wäre, gezwungen. Allein, sind das nicht auch öfters Bibelerklärungen von Leuten, die alles das sind, was Hogarth nicht war? Wie vielmehr wird man christlich