Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/642

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aus dem Stegreif sogleich hinzugelächelt, geflüstert und geblickt werden würde, wenn sie sich länger am Fenster hätte zeigen wollen. Sie zieht sich zurück. Die Empfindung, aus der es geschieht, ist höchst verehrungswürdig, und sicherlich die schönste Mitgift, womit die Jungfräulichkeit die junge Frau beim Abschiede aussteuern kann. Sie ist selbst mehr als schön, sie ist nöthig. O! mit der Telegraphik der Liebe ist es schon vor undenklichen Zeiten zu einem fast undenklichen Grad von Vollkommenheit gekommen! Nicht blos im Ansprechen, sondern auch im Antworten. Jammerschade, daß der Telegraph, durch einen Naturfehler vielleicht, immer Etwas vom Echo hat. Es ist, als wenn Frage und Antwort an einem und eben demselben Faden hingen. – So viel ist wenigstens gewiß: nicht zu antworten, ist unmöglich. Zu antworten, aber zugleich der Verständlichkeit der Antwort vorzubeugen, ist vielleicht in den meisten Fällen möglich: erstens durch Nebel, die jede Dame, so gut wie die Sonne immer in ihrer Gewalt hat, und zweitens durch Richtung des Telegraphen in dem Augenblick, da er antworten muß, nach einem andern Punkte des Horizonts, als dem, aus welchem gefragt wurde, welches nicht schwerer zu bewerkstelligen ist, als eine ähnliche Bewegung, nicht der Sonne, sondern der Windmühle. – Jedoch ich gestehe gerne, daß diese ganze Materie, wenigstens die psychologische Behandlung derselben, große Schwierigkeiten hat, weil es unmöglich ist, in einige der Hauptcapitel Deutlichkeit zu bringen, ehe eine andere große Frage beantwortet ist, nämlich: ob ein Frauenzimmer im Dunkeln roth werden könne? Wie aber diese beantwortet werden soll, dazu sieht, so viel ich weiß, selbst das achtzehnte Jahrhundert, dem so Vieles möglich war, keine Möglichkeit. Denn offenbar kann man im Dunkeln nicht sehen, und, wo man sehen kann, ist es nicht dunkel. Hiermit hätte es denn mit der Antwort, auf dem Wege der Erfahrung, mit einem Male ein Ende. Gottlob aber, daß auch hier die gütige Natur zur Ehre des einen, und zur völligen Beruhigung des andern Geschlechts, das Räthsel mit einem Glauben löst, der wenigstens für die Haushaltung den Werth einer Demonstration hat. –