Seite:Hogarth erklärt von Lichtenberg (Kottenkamp Stuttgart 1840).pdf/806

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Mädchen steht eine zerlumpte und bettelnde Balladensängerin, welche mit ihrem schreienden Kinde ihren Antheil zum Concerte beiträgt, denn sie singt in kläglichen Tönen den Fall der Dame von Stande (The lady’s fall), vielleicht ihren eigenen. Ueber ihr stimmt ein Papagei mit ein.

Die Disharmonie ist aber noch nicht zu Ende. Dem Hause gegenüber, worin der arme Italiener gequält wird, wohnt ein Kupferschmied (Pewterer), dessen Hämmer sicherlich den Takt zu dem Concerte schlagen. Auf dem Dache desselben wehklagen zwei Katzen, und ein Schornsteinfegerjunge accompagnirt. Endlich läuten die Glocken auf dem Thurm im Hintergrunde bei einer festlichen Gelegenheit, welche die aufgesteckte Fahne andeutet. Der Thurm bezeichnet übrigens die Gegend der Stadt, in welcher dies merkwürdige Concert gehalten wird. Es ist der Thurm der S. Martins-Kirche, und die Gegend der Stadt S. Martin’s lane.

Der Aerger des armen Italieners ist aber noch nicht zu Ende; er kann noch erhöht werden, wenn der Maëstro um die Ecke sieht. Dort hängt nämlich der Anschlagzettel zur zweiundsechzigsten Vorstellung von Gay’s berühmter Bettleroper (Beggars opera), von der man sagte: sie habe den Verfasser Gay reich (rich) und den Theaterdirector Rich (reich) fröhlich (gay) gemacht. Diese Oper wird den Sohn Ausoniens kränken; sie enthält nämlich barbarische Musik, d. h. englische Volkslieder nach einfachen Melodieen, anstatt italienischer Canzonen, worin Castraten die hohe Kunst der Läufe und Triller offenbaren. Ein Signor, der herüber gekommen ist, die englischen Barbaren in der Musik zu cultiviren, muß jenen Erfolg der Bettler-Oper bitter beklagen. – Auf dem Zettel stehen neben den Namen der Personen im Stück die von damaligen Schauspielern in Drurylane. Diese sind jetzt vergessen, mit Ausname der Miß Fenton, deren Andenken sich dadurch erhalten hat, daß ein Peer des Reichs, der Herzog von Bolton, sie zu seiner Gemahlin wählte, ein Fall, der sich bekanntlich hinsichtlich der Schauspielerinnen öfter wiederholte.

Die Idee zu dieser Composition soll nach Ireland ein gewisser Musiklehrer Festin dem Künstler dadurch angegeben haben, daß er ihm folgende Anecdote von sich selbst erzählte: Als ich Herrn N. des