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den ein Genosse mit ihm an den Pfoten hält, während ein Anderer einen Strick um den Hals des Thieres geschlungen hat[1]. Der Bube, in Lumpen gehüllt, ist ein vom Kirchspiel ernährter Waisenknabe, und zwar aus S. Giles, demjenigen Stadttheile Londons, welcher damals vorzugsweise das Quartier des Pöbels bildete. Man bemerkt dies aus dem Schilde der Armenschule (Charity-school) von S. Giles an seinem Arme, mit dem Zeichen S. G. Aus seinen Lumpen und seinen Neigungen erkennt man das damalige Verfahren des aristokratischen Englands, dessen Bildungsanstalten, in so weit sie vom Staat oder von den Municipalitäten abhingen, ausschließlich auf die höheren und mittleren Stände berechnet waren, während auf die Erziehung des niederen Volkes ganz allein durch die blutige Strenge der Gesetze eingewirkt wurde, ein Verfahren, welches seit den letzten zwanzig Jahren zur Ehre der Briten von allen Parteien gänzlich aufgegeben wurde. Uebrigens werden auch zwei andere Knaben durch das Verfahren jenes Buben empört. Der eine, ein Sohn aus besserem Hause, wie man aus der Kleidung und Haltung sieht, bietet ihm voll Mitleid für das gemarterte Thier einen Kuchen an, im Fall er die Folter nicht fortsetzen wolle, während er ihm die rechte Hand mit dem Pfeile zu halten sucht. Jener bekümmert sich nicht darum. Hogarth hat übrigens einem aristokratischen Geschlechte in dieser Figur ein Compliment gemacht, und sich deßhalb von seinen Zeitgenossen den Vorwurf eines Toad-eaters (Krötenfressers), wie man die Schmeichler des Adels nennt, zugezogen. Der Knabe war nämlich das Porträt eines ältesten Sohnes und vermuthlichen Erben der Pairie, welcher bei Herausgabe dieser Blätter dreizehn Jahre alt war. – Der andere Knabe, welchem jene Thierquälerei zuwider ist, zeichnet das Porträt des Helden, wie er mit der Armensündermütze am Galgen hängt, in kindischer Art an die Wand,


  1. Hogarth nahm die Idee zu dieser Thierquälerei aus der Versuchung des heil. Antonius von Callot, einem Meister, der ihm überhaupt bei seiner Geistesrichtung besonders zusagen mußte.