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zu Füßen des einsamen Spähers, der, den klugen Treff neben sich, zwischen Distelstauden kniete, die hier in den Ritzen des Gesteins Wurzel geschlagen hatten.

Und in diesem Garten Eden tummelten sich Pferde, Kamele, zottige Hunde, weideten Schafe, eilten Menschen in dunklen, mantelähnlichen Gewändern hin und her, erhoben sich Zelte aus braunem Stoff, balgten sich Kinder um ein schwelendes Feuer, glühten vor den Hütten überall qualmende Brände, über denen Kochtopfe hingen, gingen Frauen ab und zu – – – kurz, – der Knirps hatte das Lager der Iringi entdeckt, das Lager des Stammes der Ausgestoßenen …

Es war jetzt gerade noch hell genug, um dort unten, zumal der Felsbalkon kaum zwölf Meter über der Zeltstadt schwebte, auch die Gesichter einzelner Personen zu erkennen.

Dort zum Beispiel stand Ibrahim ben Garb, der berüchtigtste Bandit der Wüste, gerade vor einigen Dattelpalmen, an deren schlanke Stämme man mit Lederriemen sechs Menschen angebunden hatte. Und diese sechs waren die Gefährten dessen, der mit pochendem Herzen jetzt hinabschaute auf die eigenartige Szene, die bei dieser Beleuchtung etwas seltsam Phantastisches an sich hatte. –

Der Knirps ließ kein Auge von dem, was unter ihm vorging; überlegte, grübelte, schmiedete Pläne; kam zu einem Entschluß, verwarf ihn wieder; bis eine neue Prüfung der Örtlichkeit ihm blitzartig eine Erleuchtung eingab.

Die Palmen, an die die Iringi ihre Gefangenen gefesselt hatten, standen an der gegenüberliegenden Talwand, die weit überhing und förmlich wie der Teil einer riesigen, kurz gewölbten Glocke aussah. Deshalb sagte sich auch der Knirps, daß es ein leichtes sein müsse, zu den Gefährten mit Hilfe von Lederseilen hinabzugelangen, wenn man drüben an dem Abhang irgendwo eine Stelle fand, an der man festen Fuß fassen und die Seile sicher anknüpfen konnte.

Kaum gedacht, beeilte der kleine Dicke sich auch schon, seinen jetzigen Ausguck zu verlassen, um noch bei leidlichem Tageslicht die Örtlichkeit jenseits des Tales

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W. Belka: Ibrahim ben Garb, der Pirat der Wüste. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ibrahim_ben_Garb,_der_Pirat.pdf/29&oldid=- (Version vom 1.8.2018)