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einiges Gestrüpp, das sich in die Spalten des an dieser Stelle felsigen Grundes eingenistet hatte. Und hier, dicht am Rande des Weihers, reckte soeben ein schlankes, rehähnliches Tier mit langem, spitzem Gehörn argwöhnisch den Kopf höher, witterte mit fast hörbarem Schnauben und tänzelte unruhig hin und her, jeden Augenblick bereit, in langen Fluchten davonzueilen.

Drüben unter dem gelbblühenden Ginster schob sich jetzt ein Gewehrlauf mit größter Behutsamkeit vorwärts, verharrte dann in derselben Lage, bis – – ein Ton urplötzlich die Luft zerriß, der genau so klang, als schlüge man mit einem Holzklöppel gegen ein Kuchenblech.

Der Antilopenbock machte einen Satz zur Seite. Es war mehr ein Hochschnellen des ganzen Körpers als letzte Lebensäußerung des graziösen Tieres. Dann brach es zusammen.

Das Bleigeschoß des einzigen Bewohners der kleinen Oase war ihm mitten durch die Stirn gegangen und hatte den Schädel glatt durchschlagen.

In dem Ginstergestrüpp regte es sich. Ein Männchen trat heraus, an dem zuerst die riesige Nase auffiel. Die magere Zwergengestalt des glücklichen Jägers war in einen braunen Beduinenmantel gehüllt. In der Linken trug er eine Büchse mit merkwürdig plumpem Schloß ohne Hahn. Das Schloß war eigentlich nur ein Stahlzylinder, der oben einen Verschluß besaß, um die Kugeln in das Magazin einzuschieben, – Kugeln, nicht Patronen, denn diese eigenartige Waffe war ein Gasgewehr und Doktor Traugott Pinkemüllers eigene Erfindung.

Der kleine Herr mit dem von der Sonne braunrot gebrannten Gesicht begann nun sofort die Antilope kunstgerecht auszuweiden. Er beeilte sich mit dieser Arbeit, da er seit sechs Tagen nichts Ordentliches mehr gegessen hatte. Bald brannte denn auch in dem Gebüsch zwischen den Dattelpalmen ein Feuer, über dem ein vorher weich geklopftes Lendenstück der Antilope briet.

Doktor Pinkemüller saß daneben und drehte den Holzstab, an dem das Fleisch steckte, eifrig hin und her. Seine Lippen bewegten sich in leisem Selbstgespräch …

„Es war die höchste Zeit, daß ich endlich zu diesem

Empfohlene Zitierweise:
W. Belka: Ibrahim ben Garb, der Pirat der Wüste. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ibrahim_ben_Garb,_der_Pirat.pdf/3&oldid=- (Version vom 1.8.2018)