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Illustrirte Zeitung, Nr. 3 vom 15. Juli 1843


Moreau und Napoleon selbst sprachen ihm den Lorbeer des großen Kriegsführers zu. Ihm war es beschieden, die Ehre des deutschen Namens selbst in den bedrängtesten Zeiten zu erhalten. Sein militairisches Talent bewies sich so groß, daß selbst der ungünstige Ausgang der Kriege seinen Ruhm nicht schmälern konnte und daß er, woran so viele ausgezeichnete Feldherren gescheitert, auch durch Niederlagen nicht gebrochen ward. Er war es, der in den traurigsten Zeiten den Ruhm der deutschen Waffen aufrecht erhielt und der zuerst Napoleon eine Schlacht lieferte, in der der Franzosenkaiser nicht gesiegt hatte. Dabei verdankte er diesen Ruhm und diese Erfolge nicht blos seinem großen strategischen und taktischen Talent, mit dem er zugleich die nicht minder wichtigen Eigenschaften des militairischen Organisators vereinigte; sondern es war etwas Edleres und Größeres, was hier noch mitwirkte, es war sein Charakter, seine Persönlichkeit, die echt vaterländische Gesinnung, die man an ihm kannte, das Vertrauen, das er einflößte, die Liebe, die er gewann. Er ist ein Mann von hellem Geiste, vorurtheilsfrei, bürgerthümlich. Deshalb ward er auch in jenen Zeiten, wo mancherlei kleine Geister am Wiener Hofe ihr Wesen treiben, für den gewöhnlichen Lauf der Dinge zurückgesetzt, ja verdächtigt und vermieden und außer Thätigkeit gebracht, bis man dann in dringender Noth zu ihm wieder seine Zuflucht nehmen mußte.

Der Erzherzog Karl betrat die kriegerische Laufbahn, kaum 20 Jahre alt, als Generalmajor in der Schlacht von Jemappes, die Louis Philipp soviel Stoff zu seinen Reden gegeben hat, am 6. Nov. 1792. Im J. 1793 führte er die Avantgarde des Prinzen Josias von Sachsen-Koburg und ihm wurde der Sieg bei Aldenhoven (1 – 2. März) vom Feldherrn zugeschrieben. Damals war er Feldmarschalllieutenant. Er nahm Theil an der Entsetzung von Maestricht und an dem Siege von Tirlemont. Den glänzenden Sieg von Neerwinden (18. März) entschied er durch ein geschicktes und kühnes Manövre und verdiente sich damit das Großkreuz des Marien Theresienordens, das nun durch funfzig Jahre seine Brust geschmückt hat.

Marien Theresien-Orden.

An allen Kriegsthaten jenes ruhmreichen Jahres nahm er Antheil und focht mit gleichem Ruhme 1794 gegen Pichegru, siegte mit bei Landrecy und Tournay, wo er, jetzt Feldzeugmeister, den linken Flügel befehligte, dann bei Charleroi über Jourdan. Kränklichkeit hielt ihn 1795 in Wien zurück, und eben in diesem Jahre traten auch Unfälle über Unfälle an die Stelle der Siege. Als, während Bonaparte von Italien aus auf Oestreich eindrang, zwei französ. Heere über den Rhein in das Herz von Deutschland sich wälzten, warf sich der Erzherzog, jetzt Oberfeldherr, zwischen sie, traf unermüdlich und unfehlbar bald die, bald jene, schlug Bernadotte, trieb Jourdan über den Rhein, drängte Moreau unter die Kanonen von Hüningen. Nur Bonaparte’s Siege, dem nicht der Erzherzog gegenüberstand, vereitelten die Früchte solcher Thaten und erzwangen den Frieden von Campo Formio.

Mit nicht geringerem Ruhme eröffnete der Erzherzog den Krieg der zweiten Coalition, wo er Jourdan an der Ostrach (21. März 1799) und dann wieder und gänzlich bei Stockach (25/26. März) schlug, über den Rhein ging, in die Schweiz drang, den Massena bei Winterthur (23. Mai) schlug, bei Zürich (3/4. Juni) verdrängte, dann wieder am Oberrhein Mannheim erstürmte (18. Sept.) und das rechte Rheinufer von wälscher Befleckung säuberte. Das Zerfallen der Coalition und Bonaparte’s Rückkehr aus Aegypten bedrohten schon die in Deutschland und Italien errungenen Vortheile; da ward, kurz vor Anfang des Feldzuges von 1800, der Erzherzog vom Oberbefehl abgerufen und Kray kam an seine Stelle (17. März). Nun ging Alles wieder so schlecht, wie es vorher gut gegangen war. Erst nach den Schlachten von Marengo und Hohenlinden gab man dem Erzherzog den Oberbefehl wieder, wo er nur noch durch das moralische Gewicht, das er in die Wagschale warf, auf eine günstigere Gestaltung des Friedens von Luneville wirken konnte.

In dem Feldzuge von 1805 stellte man den Erzherzog an die Spitze des italischen Heeres, wo er nur siegen, aber nicht entscheiden konnte. Er siegte bei Caldiero über Massena, aber was half das nach den Tagen von Ulm und von Austerlitz? Der Kaiser war nicht in der Mitte der siegreichen Heere, die seine Heldenbrüder, Karl und Johann, ihm zuführten, er war von geschlagenen Truppen und von muthlosen Schwächlingen umgeben und der Friede von Preßburg wurde geschlossen.

Gänzlich gingen jedoch die Lehren dieses Feldzuges nicht verloren. Mit vollem Vertrauen und ausgedehnten Befugnissen ward er nun an die Spitze des Kriegswesens gestellt, um eine bessere Zeit vorzubereiten. Mit ihm kamen der Geist der Ordnung, der Sparsamkeit, der kriegerischen Disciplin, der wohlwollenden Fürsorge, des geistvollen Vorschritts, des dankbaren Vertrauens und der begeisterten Anhänglichkeit in die Armee und welche Früchte das trug, lehrte der glorreiche Tag bei Aspern, ward noch bei Wagram selbst im Unglück erkannt, und nöthigte auch dem siegreichen Feinde hohe Achtung vor dem Erzherzog und vor Oesterreich ab. Auch in dem großen Befreiungskriege, wo politische Rücksichten es verhinderten, daß der Erzherzog wieder an die Spitze der Heere gestellt wurde, half doch sein Geist zum Siege und er war es gewesen, der schon seit 1806 durch Errichtung der Landwehr die Idee der Volksbewaffnung ins deutsche Leben rief; er hatte das Heer gebildet, mit welchem Schwarzenberg verdiente Lorbeeren erfocht.

Der Erzherzog Karl lebte seitdem im Genusse einer in schweren Kämpfen verdienten und mit hohen Ehren geschmückten Ruhe, stets mit warmen Interesse jeden Vorschritt im militairischen Wesen begleitend und befördernd, im Genusse seines großen, von dem Herzog von Sachsen-Teschen ererbten Vermögens, und der Erziehung seiner Kinder die treueste Sorge widmend. Anspruchslosigkeit, Einfachheit und ein selten vorurtheilsfreier Sinn sind schöne Vorzüge seines Wesens. Er ist als Mensch und Bürger so geachtet, wie als Feldherr ruhmvoll. Seine 1829 verstorbene Gemahlin, eine (protestantische) Prinzessin von Nassau, hinterließ ihm sechs Kinder. Von seinen Söhnen hat sich der Erzherzog Friedrich auf einer neuen Bahn, auf dem Meere und an Syriens Küsten, bereits junge Lorbeeren gesammelt.

In den bewegten Jahren erledigter Throne und Fürstenwahlen richteten Belgien und Polen auch auf den Erzherzog Karl ihre Blicke, hoffnungslos zwar, aber doch ihre Achtung vor seiner Heldengröße bewährend. In unsern Tagen hat das am 5. April gefeierte prachtvolle Fest, wo ihm der Kaiser die einzig existirende Decoration des Theresien-Ordens in Brillanten verlieh – dieselbe, welche der Feldmarschall Laudon getragen hat, und welche nach dem Tode des jedesmaligen Inhabers von der Regierung mit 300,000 Gulden eingelöst zu werden pflegt –, und wo mit dem Allverehrten Oestreich den Jubeltag der vor 50 Jahren erworbenen hohen militairischen Auszeichnung beging, einen glänzenden Schimmer auf den Abend seiner Heldenlaufbahn geworfen.

97.

Unser Wochenbericht.

Nicht übergreifend in ihren Verhandlungen, aber konsequent festhaltend an ihrer Auffassungsweise der politischen Fragen haben sich die Königsberger Provinzialstände bis zu ihrer Schluß-Sitzung (am 13. April) gezeigt. Es giebt fast keine interessante Frage der innern Gesetzgebung Deutschlands, die nicht in dieser Versammlung zur Sprache gekommen wäre. Namentlich zählen wir dazu die Fragen über Oeffentlichkeit und Mündlichkeit des Gerichtsverfahrens, über Oeffentlichkeit der Stadtverordneten-Versammlungen, über Ausdehnung des Wahlrechtes und der Wählbarkeit zur ständischen Vertretung, über Erweiterung der ständischen Institution überhaupt, über Presse und Censur, über Ehescheidung und Bestrafung des Ehebruchs, über Rationalismus und Pietismus, über Handel, Industrie und Eisenbahnen. Wären die Verhandlungen dieses Landtages in der Weise mitgetheilt worden, wie wir gewohnt sind, die Debatten deutscher und ausländischer Kammern zu lesen, nämlich mit Nennung der Debattirenden und in dialogisirter Form, so würden sie an Interesse gewiß keinem jener Kammerberichte nachgestanden haben. Doch auch noch in der Gestalt, in welcher sie uns durch die Königsberger Zeitungen dargeboten wurden, zeugten sie von dem Geist und von dem richtigen Begriffe der Zeit, der in dieser Versammlung vorgeherrscht, und konnten sie als eine Schadloshaltung für die Artikel über inländische Zustände gelten, die leider seit mehren Wochen in der Königsberger (Hartung’schen) Zeitung gänzlich aufgehört. Wie sehr übrigens in der ganzen Provinz der Sinn für politisches Leben erwacht sei, beweist die Menge der aus allen Theilen derselben, einige westpreußische Distrikte vielleicht ausgenommen, eingegangenen Bittschriften, in welchen die oben erwähnten Fragen zur Sprache gebracht und im Geiste des Fortschrittes unterstützt wurden.

Der pommersche Landtag, welchen wir, als zum Centrum gehörig bezeichnet haben, würde eigentlich, seiner Haltung nach, der rechten Seite zuzuordnen sein, wenn er nicht durch einen in seinen Eröffnungs-Sitzungen vorgekommenen und lebhaft unterstützten Antrag ein Zeichen politischen Lebens gegeben hätte, wie es kaum von ihm erwartet worden war. Dieser Antrag bezweckte ein Amendement zu der an den König gerichteten Dank-Adresse, wonach Se. Majestät ersucht werden sollte, mit Rücksicht auf das bereits gewonnene Element der Einheit aller Provinzen des Reiches, die Stände immer mehr zu einem lebendigen Gliede des Staatsorganismus zu machen. Funfzehn Stimmen erklärten sich für dieses Amendement, dem nur etwa die doppelte Anzahl von Mitgliedern (32) entgegen trat. Inzwischen hat der Landtag den durch seine ersten Sitzungen hervorgerufenen Erwartungen nicht entsprochen und ist vielmehr später jedem Versuche einer politischen Regsamkeit entgegen getreten; wie er denn unter Anderm auch alle Petitionen und Erweiterung der Preßfreiheit von sich gewiesen hat. Zuerst von allen Provinziallandtagen hatte dieser, und zwar genau in der angeordnet gewesenen vierwöchentlichen Frist, seine Geschäfte beendigt, augenscheinlich damit ja nichts in der Felderbestellung der Herren Mitglieder verabsäumt werde.

Der schlesische Landtag hat eben so, wie vor zwei Jahren, wo er die proponirte Wiederherstellung der alten Dreiding-Gerichte ablehnte, auch diesesmal gegen den Wust von Provinzial- und Lokal-Gesetzen protestirt, den

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: Illustrirte Zeitung, Nr. 3 vom 15. Juli 1843. J. J. Weber, Leipzig 1843, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Illustrirte_Zeitung_1843_03.pdf/2&oldid=- (Version vom 7.6.2018)