Seite:Illustrirter Deutscher Jugendschatz 68.jpg

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haben dem einst so rührigen Volk selbst die Erinnerung an die culturellen Großthaten der Väter geraubt, heute steht der entartete Nachkomme stumm und blöde vor den Denkmälern seiner Vorfahren.

Gehen wir hinaus auf das Feld und sehen wir, wie der Eingeborene hier arbeitet, um das zu erringen, was ihm zum Lebensunterhalt nothwendig ist. Die Sonne scheint schon empfindlich warm, nur noch wenige Stunden, und die Hitze verbietet jede Beschäftigung.

Gleich hinter dem Bergabhang ist eine Familie bei der Feldarbeit. Es gilt, ein Stück Reisland umzuarbeiten. Bis an die Hüften stehen Mann und Frau in dem zähen, festen Schlamm. Wie Bronce glänzen die braunen Körper in der Sonne, der Schweiß rinnt ihnen in dicken Tropfen den nackten Rücken entlang. Unermüdlich saust die schwere Hacke in den morastigen Boden, Mann und Frau führen dieselbe abwechselnd. Halbwüchsige Kinder helfen die nassen Schollen zerkleinern — ohne ein Wort zu reden, schweigend wie der Stier den Pflug zieht, verrichten die Leute ihr Tagewerk. Jetzt steht die Sonne so hoch, daß unter ihren sengenden Strahlen alles erstirbt, kraftlos sinken dem Manne die Arme nieder, es kommt die Ruhepause. Mühsam windet man sich aus dem Schlamm, in dem nahen Bergbach nimmt die Familie ein gemeinschaftliches Bad und schweigend eilt man der nahen Hütte zu. Ein paar Hände voll gequellter Reis, eine Pfefferschote, das ist alles, was die verlorenen Kräfte ersetzen soll, müde und matt sucht Jeder die dumpfige, stickige Behausung auf. — —

Mittagssonne in den Tropen! Die Gluth der Sonnenstrahlen drückt jede Bewegung nieder, sie erschwert das Athmen, sie lähmt Alles. Kein Wölkchen am Himmel, überall todtenhaftes, grabähnliches Schweigen, Thier und Mensch flieht die Sonne gleichmäßig, bleiern und drückend lastet die Hitze auf Allem. Nur die Plagegeister der Menschen, die Muskitos, ruhen auch jetzt nicht, sie scheuchen den Schlaf von unsern Augen durch ihren schmerzhaften Stich, nichts schützt vor ihrem gierigen Stachel. Ruhelos wälzt sich der Mensch auf seinem Lager, er findet keine Vergessenheit im Schlafe, der Schweiß dringt ihm aus allen Poren, das Gefühl der Unbehaglichkeit verläßt ihn erst, wenn die Hitze allmählich abnimmt.

Sobald in der vierten Nachmittagsstunde die Temperatur wieder eine einigermaßen erträgliche wird, kommen die Menschen wieder aus ihren Hütten, sie müssen die kurze Zeit bis zur Dunkelheit noch ausnützen zu harter, anstrengender Arbeit. Wieder eilt man auf das Feld, wieder saust die Hacke in den Boden, wieder quält sich die Familie ab,

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Rudolf Lavant: Ein Tag auf Mitten-Java. Verlag von E. Thiele, Leipzig 1887, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Illustrirter_Deutscher_Jugendschatz_68.jpg&oldid=- (Version vom 7.1.2019)