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Karl Leberecht Immermann: Waldmährchen. In: Schriften, Band 10: Münchhausen, Theil 3. S. 141-186

noch mit den Schülern Umgang an. So ist es gekommen, daß ich von der großen Stadt nichts kennen gelernt habe, als die Straße von meinem Häuschen nach den Dominicanern, wo mein großer Meister lehrte.

Wenn ich nun in meine Klause zurückgekehrt war und die Mitternacht bei der Studirlampe herangewacht hatte, so blickte ich wohl aus dem Fenster, um die erhitzten Augen an dem dunkeln Sternenhimmel abzukühlen. Dann sah ich nicht selten in dem gegenüberliegenden Tempelhause Licht; bei dem Scheine rother Fackeln zogen die Ritter in ihren weißen Ordensmänteln wie Geister durch die Gallerien, verschwanden hinter den Pfeilern und kamen dann wieder zum Vorschein; im äußersten Eck des Flügels wurden vor den Fenstern Vorhänge niedergelassen, durch deren dünne Stellen aber ein wundersamer Schein drang, und hinter welchen sich Weisen vernehmen ließen, welche süß und schaurig wie verbotenes Gelüste durch die Nacht drangen.

So gingen meine Tage hin, unscheinbar von außen, innen aber ein glänzendes Fest aller Wunder. Albertus zeichnete mich bald vor den übrigen

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Karl Leberecht Immermann: Waldmährchen. In: Schriften, Band 10: Münchhausen, Theil 3. S. 141-186 . Schaub, Düsseldorf 1839, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Immermann_Waldmaehrchen.djvu/7&oldid=- (Version vom 1.8.2018)