Seite:Internationale Bibliothek (Müller, New York, 1887-1891) Heft 03 Seite 03.jpg

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Johann Most: Die Gottespest

jetzigen Formen entwickelt haben. Sie hat ferner festgestellt, dass der Mensch nichts weiter ist, als das vollkommenste Produkt dieser Entwickelung, und dass er nicht nur vor so und so vielen Jahrtausenden auch im engeren Sinne des Wortes ein sehr thierisches Aussehen hatte und keine Sprache besass, sondern auch, dass er – jede andere Annahme schliesst sich von selbst aus – aus niedrigeren Thierarten hervorgegangen sein muss. (Unsere nächste Broschüre – No. 4 der „Internationalen Bibliothek“ – wird sich mit diesem Thema, dem Darwinismus eingehender beschäftigen).

Die Naturwissenschaft lässt mithin Gott mit seiner selbst verkündeten Menschenmacherei als einen ganz albernen Aufschneider erscheinen. Aber was nützt das Alles! Gott lässt mit sich nicht spassen. Ob seine Erzählungen wissenschaftlich klingen, oder sich wie alberner Quatsch anhören, er befiehlt, dass man daran glaube, widrigenfalls er es geschehen lässt, dass Einen der Teufel (sein Konkurrent) holt, was sehr unangenehm sein soll. In der Hölle herrscht ja nicht nur beständiges Heulen und Zähneklappern, sondern es brennt auch ein ewiges Feuer, es nagt ein unermüdlicher Wurm und es stinkt ganz heillos nach Pech und Schwefel. Alledem soll ein Mensch ohne Leib ausgesetzt werden. Es schmort sein Fleisch, das er nicht bei sich hat; er klappert mit den längst ausgefallenen Zähnen; er heult ohne Hals und Lunge; seine in Staub zerfallenen Knochen benagt der Wurm; er riecht ohne Nase – und das Alles ewiglich. Eine verteufelte Geschichte!

Gott ist überhaupt, wie er in seiner selbstverfassten Chronik, der Bibel, ganz offenherzig mittheilt, ungemein launig und rachgierig – geradezu ein Musterdespot.

Kaum waren Adam und Eva gemacht, so verstand es sich für ihn von selbst, dass dieses Pack regiert werden müsse; deshalb erliess er ein Strafgesetzbuch. Dasselbe lautete kathegorisch: Ihr sollt nicht essen vom Baume der Erkenntniss! Seitdem hat auch noch nie irgendwo ein gekrönter oder ungekrönter Tyrann existirt, welcher nicht den Völkern dieses Diktat zugeschleudert hätte.

Adam und Eva respektirten dieses Verbot nicht. Dafür wurden sie ausgewiesen und zu lebenslänglicher und auch auf ihre Nachkommen für alle Zeiten zu übertragender harter Arbeit verdonnert. Der Eva wurden ausserdem noch die „bürgerlichen Ehrenrechte“ aberkannt, indem sie als Magd Adams deklarirt wurde, dem sie zu gehorchen habe. Unter göttlicher Polizeiaufsicht standen sie ohnehin schon. Wahrhaftig, so weit hat es selbst Lehmann im Schuhriegeln der Menschen noch nicht gebracht.

Die Strenge Gottes gegen die Menschen nützte indessen gar nichts, vielmehr ärgerten ihn dieselben, je stärker sie sich vermehrten, desto schmählicher. Und wie rasch diese Vermehrung von Statten ging, das konnte man schon bei der Geschichte von Kain und Abel merken. Als der Letztere von seinem Bruder todtgeschlagen worden, ging Kain „in ein fremdes Land“ und nahm sich ein