Seite:Internationale Bibliothek (Müller, New York, 1887-1891) Heft 03 Seite 11.jpg

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Johann Most: Die Gottespest

sie fürchten und dessen Gebote sie heiligen, welche sie nie befolgen. – –

Dieses Reich ist die Welt; dieser Herrscher ist Gott; seine Diener sind die Pfaffen, die Unterthanen die Menschen, – – eine schöne Gegend!

Der Gott der Christen speciell ist, wie wir gesehen haben, ein Gott, der Verheissungen macht, um sie zu brechen; der Pest und Krankheiten über die Menschen kommen lässt, um sie zu heilen. Ein Gott, der die Menschen verkommen lässt, um sie zu bessern. Ein Gott, der die Menschen nach seinem Ebenbilde schuf und doch nicht der Urheber des Bösen sein soll; der sah, dass alle seine Werke sehr gut waren, und doch bald wahrnahm, dass sie schlecht sind; der es wusste, dass die Menschen von der verbotenen Frucht essen würden, und dennoch dafür das ganze Menschengeschlecht verdammte.

Ein Gott, der so schwach ist, um sich vom Teufel überlisten zu lassen, so grausam, dass ihm kein Tyrann der Erde verglichen werden kann. Das ist der Gott der jüdisch-christlichen Götterlehre.

Derselbe ist ein allweiser Pfuscher, der die Menschen vollkommen erschuf und sie doch nicht vollkommen erhalten konnte, der den Teufel erschuf und ihn doch nicht zu beherrschen vermag, ein Allmächtiger, der Millionen Unschuldige verdammte wegen des Fehlers Einiger; der durch die Sündfluth alle Menschen vertilgte bis auf einige, und ein neues Geschlecht erzeugen liess, nicht besser als das frühere; der einen Himmel machte für Thoren, die an die Evangelien glauben, und eine Hölle für die Weisen, die sie verwerfen. – Er ist ein göttlicher Quacksalber, der sich durch den heiligen Geist selbsterzeugte; der sich selbst als Vermittler sandte zwischen sich selbst und Andere; der, verachtet und verhöhnt von seinen Feinden, an ein Kreuz genagelt wurde wie eine Fledermaus an ein Scheunenthor; der sich begraben liess, von den Todten auferstand, die Hölle besuchte, lebendig in den Himmel fuhr und nun seit achzehnhundert Jahren zur rechten Hand seiner selbst sitzt, um zu richten die Lebendigen, und die Todten, dann, wenn es keine Lebendigen mehr geben wird. Er ist ein schrecklicher Tyrann, dessen Geschichte mit Blut geschrieben werden sollte, weil sie eine Religion des Schreckens ist. Hinweg denn mit der christlichen Götterlehre; hinweg mit einem Gott, erfunden durch Priester des blutigen Glaubens, die ohne ihr wichtiges Nichts, womit sie Alles erklären, nicht länger im Ueberfluss schwelgen, nicht länger Demuth predigen und selbst im Glanze leben, nicht länger Sanftmuth predigen und Hochmuth üben, sondern durch die Aufklärung in den Abgrund der Vergessenheit geschleudert werden. Hinweg denn mit der grausamen Dreieinigkeit – dem mörderischen Vater, dem unnatürlichen Sohn, dem wollüstigen Geist! Hinweg mit all den entehrenden Phantasmen, in deren Namen die Menschen zu elenden Sklaven entwürdigt und durch die Allmacht der Lüge von den Mühen der Erde auf die Freuden des