Seite:Internationale Bibliothek (Müller, New York, 1887-1891) Heft 05 Seite 04.jpg

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höre diese Herrschaft wieder auf, weil der Gegenstand der Beherrschung fehle!! – Solche und ähnliche Flunkereien sollten darüber hinweghelfen, eine kühne Wahrheit aussprechen zu müssen.

Wäre man anders zu Werke gegangen, hätte man den letzten Rest der in die Anfänge der sozialistischen Bewegung noch stark hineinspielenden jakobinisch-liberalen und bourgeois-radikalen Doktrinen, die man aus sogenannten Nützlichkeitsgründen glaubte mehr oder weniger schonen zu müssen, total über Bord geworfen – so wäre man sicher seitens der Arbeiter aller Länder (auch der deutschsprachlichen) längst zu der Ansicht gelangt, dass die Sozialisten nicht diesen oder jenen roth angelaufenen Extrastaat anzustreben haben, sondern dass sie im Gegentheil die Staatsidee als solche bekämpfen und verneinen müssen. Das ganze sinnlose Geschwafel von ”Volksstaat“, ”Freistaat“ u.s.w. wäre dann der Welt erspart geblieben, und das Proletariat wäre an prinzipieller Klarheit bedeutend weiter.

Dass eine Staatsgewalt (Archie) in einer freien Gesellschaft sich ganz von selbst als hinfällig erweist, lässt sich leicht begreifen, wenn man die Zwecke betrachtet, welche bisher der Staat zu erfüllen hatte.

Die Gesetzgeberei dreht sich durchweg um Mein und Dein. In einer Gesellschaft, wie die heutige ist; in einer Gesellschaft, wo ein beständiger Krieg Aller gegen Alle, wo wilder Kampf um’s Dasein herrscht; in einer Gesellschaft, wo ein kleiner Prozentsatz der Bewohner auf Bergen von Reichthümern thront, während die Mehrheit des Volkes, selbst bei angestrengtester Arbeitskraft, nicht immer Aussicht hat, auch nur vegetiren zu können, und wo Hunderttausende dem nackten Elend ausgesetzt sind – in einer solchen Gesellschaft verstehen sich dickleibige Strafkodexe, zahllose Exekutoren, Richter, Staatsanwälte, Gensdarmen, Polizisten, Gefängnisse, Justizhallen und hundert ähnliche ”Ordnungs“-Instrumente ganz von selbst. In einer Gesellschaft aber, wo jeder Mensch in der Lage ist, seine Daseinszwecke ungeschmälert zu geniessen, wo ein gleichheitliches und hochentwickeltes Erziehungswesen jedem Individuum die Möglichkeit darbietet, von den Ergebnissen einer frei entfalteten Wissenschaft nach Herzenslust zu zehren, und wo die Gegensätze zwischen Arm und Reich total unbekannt sind, hören mit den Ursachen der Verbrechen diese selbst auf, in Erscheinung zu treten. Der Zweck einer Strafgesetzgebung ist nicht mehr vorhanden. Der damit zusammenhängende Beamtenapparat ist überflüssig geworden. Aehnlich steht es mit der sonstigen Gesetzgeberei.

Die in gesetzliche Käfige gezwängten Menschen von heute werden in den Augen der künftigen Gesellschaft wie die Insassen eines zoologischen Gartens erscheinen.

Selbst solche Dinge, welche nur geschehen können nach vorhergegangener Uebereinkunft, bedingen keine solchen Institutionen, wie Verfassungen, Gesetze oder Parlamente. Niemals werden wirklich freie Völker ein Bedürfniss empfinden können, ihre freie Entwickelung durch gesetzliche Zwangsjacken und Fanggruben