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„Nein. Ich bin mit Schwechten nur zweimal in meinem Leben zusammengetroffen. Das erste Mal bei dem jetzt als Falschspieler entlarvten Lautenborn alias Mellschewski und dann gestern vormittag in der Wohnung meines Onkels. Das ist die Wahrheit.“

Hiller nickte mir beinahe freundlich zu.

„Glaube ich gern. Wenn Sie lügen, fühlt man das sofort heraus. Und nun – was wollten Sie in der Verkleidung bei Ihrem Onkel?“

Auf diese Frage war ich vorbereitet.

„Über diesen Punkt verweigere ich die Aussage,“ erklärte ich bestimmt: „Ich habe Gründe dafür, die die Behörde nichts angehen. Im übrigen werde ich alles mitteilen, was ich weiß.“

Hiller schaute mich durchdringend an. Und jetzt plötzlich hatte ich auch die Kraft, seinen Blick ruhig auszuhalten, trotzdem ich eben bewußt die Unwahrheit gesprochen hatte.

Der Kommissar schien über diese meine Weigerung nicht weiter ungehalten zu sein. Offenbar grübelte er jetzt darüber nach, aus welcher Veranlassung ich gerade diese eine Frage ausgeschaltet wissen wollte. Dann meinte er, während seine dunklen Augen an mir vorbei zu dem Briefumschlag hinglitten, der die weißen Papierschnitzel enthielt und neben dem Ulster auf einem Stuhle lag:

„Vielleicht gibt uns der Inhalt jenes Kuverts dort den Aufschluß, den Sie mir vorenthalten wollen. Ich gehe wohl nicht fehl, wenn ich[1] annehme, daß die Papierstücke Fragmente eines Briefes sind, der mit einer später von selbst wieder verschwindenden Tinte geschrieben war.“


  1. Vorlage: wen nich
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Irrende Seelen. Leipziger Kriminalbücherverlag, Werner Dietsch Verlag, Leipzig 1919, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Irrende_Seelen.pdf/101&oldid=- (Version vom 1.8.2018)